Freitag, 26. April 2024
20151214-KAFFEEKONSUM

Kaffeekonsum: kann so bleiben, muss aber nicht

Hamburg. (eb) Vor kurzem fiel dem WebBaecker in der Tagespresse ein Beitrag auf unter der Überschrift «44.000 Bäcker gegen Starbucks». Der geht auf die Absicht des US-amerikanischen Konzerns ein, sich näher mit dem bundesdeutschen Markt zu befassen. Um die Erfolgsaussichten zu erhöhen, ging der Konzern – wie berichtet – eine Partnerschaft mit der Kölner Rewe Gruppe ein. Wer denkt, dass dies kein Signal an die Bäcker im Land ist mit ihrem bislang sehr erfolgreichen Kaffeegeschäft, der hat die Rechnung ohne den führenden Lebensmittel- Einzelhandel (LEH) gemacht. Der dürfte nämlich mit großem Interesse verfolgen, wie sich die Partnerschaft zwischen Rewe und Starbucks entwickelt.

Deutschland ist Kaffeeland

Der Pro-Kopf- Konsum liegt hierzulande mit 162 Litern auf hohem Niveau, rechnete der Deutsche Kaffeeverband zuletzt bei der Vorstellung der Absatzzahlen 2014 vor. Ein lukrativer Markt, an dem die Starbucks Coffee Company besser teilhaben möchte. Deren Wachstum ist ungebremst und der Konzern ist beneidenswert kreativ, geht es darum, neue Absatzmärkte aufzutun. Einer der neueren Coups: Die Kölner Rewe Gruppe und Starbucks haben eine Partnerschaft beschlossen. In deren Rahmen wird der Kaffee-Konzern im Laufe des kommenden Jahres Standorte in Rewe-Märkten mit dem gewohnten Starbucks Angebot eröffnen – Großstadtlagen bevorzugt, wie wir spätestens seit Oktober wissen.

Seit Anfang Dezember wissen wir, dass Starbucks zudem mit Marché International kooperiert, um ein weiteres Segment stärker zu bearbeiten: Hochfrequenzlagen an exponierten Standorten, sei es in Innenstädten, an Bahnhöfen oder Flughäfen. Über allem steht die Feststellung, dass Deutschland stark in den Fokus des Starbucks Konzerns gerückt ist. Oder um einen der letzten (englischsprachigen) Geschäftsberichte sinngemäß zu zitieren: Es kann nicht sein, dass die weltgrößte Kaffeekette in einer der größten Kaffeetrinker-Nationen derart unterrepräsentiert ist.

Kaffeekonsum: «44.000 Bäcker gegen Starbucks»

Natürlich kann man argumentieren wie die Süddeutsche Zeitung unter der Überschrift «44.000 Bäcker gegen Starbucks», der ganz klar die vermeintliche Überlegenheit der bundesdeutschen Bäckereien herauskehrt. Zum Vergleich: Europaweit verfügt Starbucks aktuell nur über rund 2.000 Standorte. Beim Thema Kaffee im Außer-Haus-Markt kämen die «44.000 Bäckereien» auf einen Marktanteil von gut 33 Prozent. Was soll man dazu sagen? Wer sich so ungenügend mit der Branche auskennt, nur Ist-Situationen betrachtet und mögliche Entwicklungen außer Acht lässt, der muss nicht glauben, dass er durch das flinke Verknüpfen seriöser Kennzahlen zu ebensolchen Ergebnissen kommt. Wer sich annähernd einen Überblick verschafft, dem fiele auf, dass es hierzulande vielleicht 44.000 Bäckerfachgeschäfte oder/und -Cafés gibt, aber nur rund 12.000 Bäckereibetriebe. Das ist Basiswissen und sollte nicht verwechselt werden.

Eine Verschärfung im Wettbewerb kann auch indirekt angestoßen werden

Kann sein, dass das Bäckerhandwerk diesen und jenen triftigen Grund hat, weshalb wir Deutschen aktuell zu 33,4 Prozent unseren Kaffee im Außer-Haus-Verzehr am liebsten beim Bäcker um die Ecke trinken. Es gab auch Zeiten, in denen wir Deutsche den Tortenboden für unseren Obstkuchen grundsätzlich immer beim Bäcker gekauft haben. Ganz zu schweigen vom Toastbrot. Oder das Mischbrot fürs Frühstück und Abendbrot: Undenkbar, dass das von einer anderen Bezugsquelle als vom Bäcker um die Ecke gekommen wäre. Die Zeiten ändern sich und kaum jemand empört sich noch, zieht man gelegentlich selbst die Brotkompetenz in Zweifel. Anstelle von Überzeugungen sind Mantra-artig wiederholte Marketing-Slogans getreten und die Absatzzahlen für Handwerk und Industrie, Fachgeschäft versus LEH sprechen eine klare Sprache. Das Kaffeegeschäft ist für handwerklich orientierte Bäckereien oder solche, die sich heute als Systemgastronomen verstehen, längst einer der wichtigsten Umsatzbringer.

Die Verschärfung des Wettbewerbs im Kaffeegeschäft, möglicherweise ausgelöst durch Starbucks, muss nicht direkt bei Bäckereien und Bäcker-Gastronomen ankommen. Es gibt noch andere Anbieter mit Kaffeekompetenz. Tankstellen und die Vending-Wirtschaft verkaufen mehr Kaffee, als in allen klassischen Coffee-Shops zusammengenommen jemals getrunken würde. Auch das McCafé nehmen wir heute eher (nur) als Sortiments-Ergänzung eines Schnellkost-Riesen wahr. Auch wenn wir die Antworten zu kennen glauben, müssen wir uns immer mal wieder fragen: Warum wird das meiste Brot heute über den LEH abgesetzt? Warum sind Tankstellen so gut im Kaffeegeschäft? Warum sollte Starbucks bei Rewe nicht ebenso gut funktionieren?

Der führende LEH wird die neue Partnerschaft genau beobachten

Mit großem Interesse wird der führende LEH und natürlich auch Discount beobachten, wie die Partnerschaft zwischen Rewe und Starbucks gedeiht. Die klassischen Coffee-Shops mit klassischer Strategie, in Deutschland nur mäßig beliebt, werden eventuell die ersten sein, die in Bedrängnis geraten. Dafür werden andere Global Player, hierzulande bislang wenig bekannt, vielleicht den Einstieg suchen.

Bäckereiunternehmen sind gut beraten, wachsam zu bleiben. Investitionen und neue Standorte müssen exakt geplant werden. Wer und was für die eigene Entwicklung relevant ist, muss jedes Unternehmen natürlich für sich selbst entscheiden. Bei zunehmender Globalisierung sollten Szenarien jedoch auch unter Einbeziehung weltweit agierender Konzerne durchgespielt werden, die unter Umständen in den lokalen Markt eintreten (Bild: Deutscher Kaffeeverband / Bente Stachowske).

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