Berlin. (fw) Eine deutliche Mehrheit der Deutschen unterstützt die von Bundesminister Cem Özdemir geplanten Beschränkungen für Junkfood-Werbung zum Schutz der Kindergesundheit. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage der Kantar Meinungsforschung im Auftrag der Verbraucherorganisation Foodwatch. Demnach unterstützen 66 Prozent der Befragten das Vorhaben des Bundesministeriums, die Werbung für Lebensmittel mit hohem Zucker-, Fett- oder Salzgehalt rund um Schulen und Kindergärten sowie im Fernsehen und Internet weitgehend einzuschränken. 67 Prozent der Befragten sind besorgt, dass Kinder und Jugendliche zu viele Snacks und Süßigkeiten essen. Foodwatch bezeichnet die Ergebnisse als deutliches Signal an die Ampel-Regierung, umfassende Werbeschranken auf den Weg zu bringen.
Obwohl nach Angaben der Verbraucherschützer auch viele Anhänger der Freien Demokratischen Partei (FDP, 56 Prozent) Özdemirs Pläne befürworteten, blockierten die FDP-geführten Ministerien seit Monaten das im Koalitionsvertrag vereinbarte Gesetzesvorhaben in der Ressortabstimmung. Führende FDP-Vertreter machten zudem öffentlich Stimmung gegen die Pläne zum Kinderschutz.
Kinder essen etwa doppelt so viel Süßigkeiten, aber nur halb so viel Obst und Gemüse wie empfohlen. Aktuell sind etwa 15 Prozent der Kinder und Jugendlichen von Übergewicht und sechs Prozent sogar von starkem Übergewicht (Adipositas) betroffen. Ihnen drohen im späteren Leben Krankheiten wie Typ-2-Diabetes, Gelenkprobleme, Bluthochdruck und Herzerkrankungen. Jeder siebte Todesfall in Deutschland ist laut Daten der OECD auf ungesunde Ernährung zurückzuführen.
Laut einer Studie der Universität Hamburg sieht jedes Kind zwischen drei und 13 Jahren pro Tag im Schnitt 15 Werbespots für ungesunde Lebensmittel. 92 Prozent der gesamten Werbung, die Kinder wahrnehmen, vermarktet Schnellkost, Snacks oder Süßigkeiten. Allein die Süßwarenindustrie hat 2022 knapp eine Milliarde Euro für Werbung ausgegeben. Um Fehlernährung bei Kindern zu bekämpfen, empfahl die Weltgesundheitsorganisation (WHO) laut Foodwatch erst kürzlich, Junkfood-Werbung gesetzlich einzuschränken. Für Foodwatch befragte die Kantar Markt- und Meinungsforschung Anfang Juli 2023 per Telefon 1.987 in Deutschland lebende Menschen im Alter von über 14 Jahren.
Wiederholter Vorschlag aus der Redaktion: Der aktuell erhobene Zeigefinger aus Berlin mag populär sein und sein Publikum ansprechen – doch zu kaum messbaren Ergebnissen in der Praxis führen. Besser wäre eine Art Übermaßsteuer gegen zuviel Zucker, Fett und Salz. Die könnte die Dicken dort packen, wo es ihnen wirklich weh tut: Eltern beim Haushaltsgeld und Kinder beim Taschengeld.
WEITERE THEMEN AUS DIESER RUBRIK FÜR SIE:
- BMEL: Der Trend zu Öko setzt sich auf schwächerem Niveau fort
- Trotz gegenteiligem Rat: Ampel verabschiedet Agrarpaket
- Lebensmittelverband: begrüßt Ausbau von lebensmittelwarnung.de
- NRI: Bemühungen der Lebensmittelwirtschaft könnten besser sein
- BMEL: Rechtsgutachten zur Vermeidung von Lebensmittelabfällen
- DGE: veröffentlicht neue Position zu veganer Ernährung
- BZfE: Snack-Ideen für die Fußball-Europameisterschaft
- BMEL: Bundestag beschließt Änderung des Düngegesetzes
- Nachhaltig einkaufen zwischen Wunsch und Wirklichkeit
- Fleischersatz: 2023 stieg die Produktion um gut 16%
- NRI: Weiter zu viel Zucker, Fett und Salz in Umlauf
- Nutri-Score: Unternehmen und Verbände sollen mehr Gehör finden
- RWI: Ernährungstipps und Empfehlungen oft ohne Wirkung
- So gelingt der Übergang zur zeitgemäßen Proteinversorgung
- Fastenzeit 2024: Fleisch- und Alkoholkonsum gingen spürbar zurück
- Aminosäuren des Getreides ergänzen Hülsenfrüchte ideal
- Pro-Kopf-Verzehr von Fleisch sinkt auf neuen Tiefstwert
- Novel Meat: IGF-Projekt arbeitet an Stützstrukturen
- DGE: überarbeitet Ernährungsempfehlungen
- HS Fulda: für mehr heimische Hülsenfrüchte im Speiseplan