Samstag, 27. April 2024

Süßwaren: Ertragslage durch hohe Rohstoffpreise belastet

Bonn. (bdsi) Nach Schätzungen des Bundesverbands der Deutschen Süßwarenindustrie (BDSI) war das Inlandsangebot von Süßwaren in 2010 rückläufig. Der Inlandsumsatz sank um 0,9 Prozent auf knapp neun Milliarden Euro, die Absatzmenge ging um etwa 0,6 Prozent auf gut 2,5 Millionen Tonnen zurück. Diese Verbandsschätzung auf Basis der Zahlen des Statistischen Bundesamts bestätigen auch die aktuellen Trends der einschlägigen Marktforschungsinstitute. Zahlreiche Preissenkungsrunden des Lebensmittel-Einzelhandels bei gleichzeitig erheblichen Rohstoffpreissteigerungen belasteten die Ertragslage der mittelständisch geprägten deutschen Süßwarenindustrie, da vielfach die höheren Rohstoffkosten nicht oder nicht in vollem Umfang weitergegeben werden konnten. Im Export kam es zu einer spürbaren Erholung.

Besonders dramatisch ist die Rohstoffpreisentwicklung bei Kakao und Weizen, auch getrieben durch spekulativ orientierte Fonds. Doch auch die Preise für Zucker, Butter sowie pflanzliche Öle und Fette haben stark angezogen. Im Zuge der Finanzkrise haben Geldinstitute das Geschäft mit Rohstoffen für sich entdeckt und beeinflussen spekulativ die Entwicklungen an den Warenterminbörsen. Dies führte zu stärkeren Preisschwankungen an den Agrarmärkten und insgesamt zu höheren Preisen.

«Ein Lichtblick ist der Export. Deutschland konnte hier 2010 wieder deutlich zulegen und bleibt Süßwaren-Exportweltmeister», konstatiert Tobias Bachmüller, Stellvertretender Vorsitzender des BDSI und Vorsitzender des Arbeitskreises Internationale Süßwarenmesse (AISM).

Das gute Exportgeschäft konnte den rückläufigen Inlandsabsatz der deutschen Süßwarenhersteller etwas ausgleichen. Besonders der Handel mit Drittstaaten wie den USA und Russland belebte sich wieder aufgrund günstiger Wechselkursverhältnisse. Insgesamt schätzt der BDSI auf Basis der Zahlen des Statistischen Bundesamts einen Anstieg der Exportmenge um 7,4 Prozent auf 1,67 Millionen Tonnen. Im Wert erholten sich die Exporte um etwa 9,5 Prozent und stiegen auf knapp 5,3 Milliarden Euro. Mit einer Exportquote von fast 45 Prozent ging nahezu jede zweite in Deutschland produzierte Tonne Süßwaren in den Export.

Die Produktion von Süßwaren entwickelte sich in 2010 aufgrund des anziehenden Exportgeschäfts mit einem Mengenplus von ungefähr 1,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr insgesamt noch positiv. Es wurden rund 3,69 Millionen Tonnen Süßwaren produziert. Im Wert legte die Produktion um etwa 1,4 Prozent auf rund 12,3 Milliarden Euro zu und erreichte damit wieder das Niveau von 2008.

Der Pro-Kopf-Verbrauch von Süßwaren sank 2010 um rund 0,6 Prozent auf 30,57 Kilogramm. Die Ausgaben je Bundesbürger fielen um etwa 0,9 Prozent auf 109,73 Euro. Auch die offiziellen Verbraucherpreise für Süßwaren des Statistischen Bundesamts lagen in 2010 mit durchschnittlich einem Prozent durchweg niedriger als im Vorjahr.

Unterschiedliche Entwicklung bei den einzelnen Produktgruppen

Aufgrund der Erholung bei den Ausfuhren stieg die Produktion von Schokoladenwaren 2010 in der Menge um 3,3 Prozent an. Der wertmäßige Anstieg lag dagegen lediglich bei etwa einem Prozent. Eine ähnliche Entwicklung war auch im Bereich Feine Backwaren festzustellen. Auch hier konnte der Export die Rückgänge am Inlandsmarkt ausgleichen, so dass die Produktion von Feinen Backwaren insgesamt noch um 1,3 Prozent in der Menge zulegen konnte. Der Produktionswert steigerte sich dagegen nur um 0,7 Prozent. Sowohl bei Schokoladenwaren als auch bei Feinen Backwaren machen sich in der Wertentwicklung Preisreduzierungen und Sonderangebote des Einzelhandels besonders bemerkbar.

Erheblich belastete die Firmen das auch spekulativ getriebene hohe Preisniveau beim Rohkakao. Der Kakaopreis erreichte im Juni 2010 mit über 3.000 Euro pro Tonne ein neues 30-Jahres-Hoch und liegt noch immer weit über dem Niveau der Vorjahre. Jedoch konnten die Hersteller von Schokoladenwaren, aber auch die Kakao-Verwender aus dem Bereich der Feinen Backwaren die gestiegenen Kakaopreise kaum an den Handel weitergeben, wie die schwache Wertentwicklung der Produktion zeigt. Durch wetterbedingte Ernteausfälle im vergangenen Jahr und Spekulationen waren die Hersteller von Feinen Backwaren im zweiten Halbjahr 2010 zusätzlich einem enormen Preissprung bei Weizen ausgesetzt.

Die kältere Witterung ab Oktober 2010 bescherte den Herstellern von Schokoladen- und Feinen Backwaren allerdings noch ein gutes Saisongeschäft. Lebkuchen, Spekulatius und Schokoladenweihnachtsmänner erfreuten sich zum Jahresende großer Beliebtheit bei den Verbrauchern.

Die Produktion von Zuckerwaren ging in der Menge um 2,3 Prozent und im Wert um 2,1 Prozent zurück. Die steigenden Ausfuhren in wichtige Abnehmerländer wie Großbritannien, Frankreich oder Österreich konnten die Rückgänge in der Produktion allerdings nicht auffangen.

Wie schon in 2009 waren die Hersteller von Knabberartikeln die Gewinner der Branche. 2010 hat die Fußballweltmeisterschaft einen zusätzlichen starken Impuls setzen können. Getragen durch eine steigende Inlandsnachfrage wuchs die Produktion von Knabberartikeln um 2,4 Prozent in der Menge und 3,9 Prozent im Wert spürbar an. Daneben wirkt sich die Innovationsvielfalt der Hersteller positiv auf den Verzehr von Knabberartikeln aus.

Auch der Kaugummimarkt in Deutschland entwickelte sich positiv. Nach Verbandsschätzung konnte ein Umsatzzuwachs von etwa 1,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr erreicht werden. Das Umsatzvolumen liegt damit bei insgesamt 662 Millionen Euro (zu Endverbraucherpreisen).

Süßwarenhersteller stellen sich auf ein schwieriges Jahr 2011 ein

Die deutschen Süßwarenhersteller erwarten 2011 ein schwieriges Jahr. Am deutschen Inlandsmarkt ist mit einem unverändert harten Wettbewerb zu rechnen, der die Ertragslage belastet. Die Erholung der Weltwirtschaft ist von starken Wechselkursschwankungen begleitet, weshalb der Export von Süßwaren weiterhin mit Unsicherheiten behaftet ist. Eine Entspannung der Situation an den internationalen Agrarmärkten ist nicht in Sicht.

Die Sicherung eines nachhaltigen Angebotes qualitativ hochwertiger Agrarrohstoffe zu wettbewerbsfähigen Preisen hat für die deutsche Süßwarenindustrie als drittgrößte Branche der deutschen Ernährungsindustrie und Süßwarenexportweltmeister eine hohe Priorität.

Angesichts der teils drastischen Preiserhöhungen von Lebensmittelrohstoffen fordert der BDSI von der Bundesregierung eine Rückführung der Bioenergieförderung, damit Agrarrohstoffe vorrangig für die Lebensmittelproduktion zur Verfügung stehen. Die Förderung von Bioenergie führt zu einer übersteigerten Flächenkonkurrenz und bietet Anlass für überzogene Spekulationen auf Lebensmittelrohstoffe. Mindestbeimischungs-Quoten für Biodiesel und Einspeisevergütungen für Biogasanlagen verzerren den Wettbewerb zu Lasten der Lebensmittelhersteller und der Verbraucher.

Börsenspekulanten, die an den Agrarrohstoffen selbst kein Interesse haben, muss durch verschärfte Börsenregeln und Transparenz hinsichtlich größerer Transaktionen eine Preistreiberei bei Lebensmittelrohstoffen wie Kakao oder Weizen erschwert werden.

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