Köln. (ehi) Mit dem Ende der Corona-Einschränkungen im letzten Jahr haben sich die Handelsaktivitäten wieder normalisiert und die Menschen strömen zurück in die Innenstädte. Das bedeutet auch, dass wieder vermehrt Langfinger ihr Unwesen in den Einkaufsstraßen treiben, berichtet das EHI Retail Institute. Entsprechend stiegen die Inventurdifferenzen und die darin enthaltenen Diebstähle laut der EHI-Hochrechnung für den gesamten deutschen Einzelhandel im Jahr 2022 um 12 respektive 15 Prozent. «Was auf den ersten Blick als dramatische Entwicklung erscheint, ist bei näherer Betrachtung eine Rückkehr zur Normalität früherer Jahre. Im Grunde sind nun die Werte der Vor-Corona-Zeit wieder erreicht worden. Dies darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Anstieg der Ladendiebstähle nach wie vor eine große Gefahr darstellt», sagt Frank Horst, Autor der EHI-Studie «Inventurdifferenzen 2023».
Vor-Corona-Niveau erreicht
Im Vergleich zum Jahr 2021 sind die Inventurverluste im zurückliegenden Jahr 2022 von 4,1 auf 4,6 Milliarden Euro gestiegen, was einer Zunahme von 12 Prozent entspricht. Die branchengewichtete Hochrechnung bezieht sich auf den gesamten deutschen Einzelhandel, bewertet zu Verkaufspreisen. Ein großer Teil davon ist inflationsbedingt entstanden. Zudem ist zu berücksichtigen, dass der stationäre Umsatz von 430 auf 465 Milliarden Euro gestiegen ist. Die Inventurdifferenzen setzen sich nach Expertenschätzungen aus Diebstahl durch die Kundschaft (2,44 Milliarden Euro), Diebstahl durch Beschäftigte (920 Millionen Euro), Diebstahl durch Servicekräfte und Liefernde (370 Millionen Euro) sowie organisatorischen Mängeln (870 Millionen Euro) zusammen. Der Verlustanteil durch Diebstahl legt um 15 Prozent auf insgesamt 3,73 Milliarden Euro zu (2021: 3,23 Milliarden Euro). Statistisch gesehen entfällt damit auf jeden Bundesbürger jährlich ein Warenwert von 30 Euro, der nicht bezahlt wird. Bezogen auf den Einkauf bleibt damit etwa jeder 200. Einkaufswagen im Handel unbezahlt.
Anstieg bei Strafanzeigen
Mehr Diebstähle bedeuten automatisch auch mehr Anzeigen. Laut Polizeilicher Kriminalstatistik stiegen die angezeigten Ladendiebstähle im Jahr 2022 um 34,3 Prozent auf insgesamt 344.669 Fälle (Vorjahr: 256.694). Zuwächse gibt es sowohl beim einfachen (34,6 Prozent) als auch beim schweren Ladendiebstahl (29,6 Prozent). Allerdings waren die Anzeigen in den Corona-Jahren stark rückläufig, sodass trotz des enormen Anstiegs erst wieder das Niveau von 2019 erreicht ist. Aufgrund der hohen Dunkelziffer bildet die Statistik jedoch nur einen minimalen Ausschnitt der Realität ab, rechnerisch bleiben jährlich 21,2 Millionen Ladendiebstähle unentdeckt. Nach Kürzungen in den Vorjahren sind die Ausgaben für Präventionsmaßnahmen in 2022 wieder auf 1,45 Milliarden Euro gestiegen. Immerhin fast jedes sechste Unternehmen hat sein Budget für die Sicherheit in diesem Jahr erhöht. Die gesamten Kosten für Inventurdifferenzen und deren Vermeidung belaufen sich jährlich auf rund sechs Milliarden Euro.
Datenbasis: An der aktuellen Untersuchung beteiligten sich 102 Unternehmen respektive Vertriebsschienen mit insgesamt 16.765 Verkaufsstellen, die einen Gesamtumsatz von 84,1 Milliarden Euro erwirtschafteten. Die Verkaufsfläche der Geschäfte beträgt im Schnitt 1.350 Quadratmeter (Grafiken: ehi.org).
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