Karlsruhe. (bgh) Über die Frage, ob der Sonntagsverkauf von Backwaren in Bäckereifilialen mit Cafébetrieb zulässig ist, urteilte der Bundesgerichtshof (BGH) in dieser Woche in letzter Instanz (siehe hierzu auch WebBaecker 07/2019 vom 15. Februar).
Urteil vom 17. Oktober 2019 – I ZR 44/19
Der unter anderem für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass der Verkauf von Backwaren in Bäckereifilialen mit Cafébetrieb an Sonntagen auch außerhalb der Ladenschlusszeiten zulässig ist.
Sachverhalt
Die Beklagte stellt Brot-, Back- und Konditoreiwaren her und vertreibt diese in ihren Filialen in München. Sie veräußerte in zwei Filialen an Sonntagen über einen Zeitraum von jeweils mehr als drei Stunden Brote und unbelegte Brötchen. In einer anderen Bäckerei-Verkaufsstelle wurden an einem Pfingstmontag eine Brezel, unbelegte Brötchen sowie ein Laib Brot verkauft.
Die Klägerin, die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs, meint, die Beklagte habe damit gemäß Paragraf 3a UWG unlauter gehandelt, weil sie gegen Paragraf 3 Satz 1 Nr. 1 des Ladenschlussgesetzes sowie Paragraf 1 Absatz 1 Nr. 2 und Absatz 2 der Verordnung über den Verkauf bestimmter Waren an Sonn- und Feiertagen verstoßen habe. Sie nimmt die Beklagte auf Unterlassung und Erstattung von Abmahnkosten in Anspruch.
Bisheriger Prozessverlauf
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben.
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs
Der Bundesgerichtshof hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen. Das Berufungsgericht hat hinsichtlich des Verkaufs in der Bäckerei-Verkaufsstelle am Pfingstmontag zu Recht angenommen, die darlegungs- und beweisbelastete Klägerin habe schon nicht dargetan, dass die Beklagte die Verkaufsstelle selbst betreibt oder von einem Beauftragten betreiben lässt und somit für diesen Verkauf verantwortlich ist. Hinsichtlich des Sonntagsverkaufs von Backwaren in den beiden von der Beklagten betriebenen Filialen hat der Bundesgerichtshof die Beurteilung des Berufungsgerichts gebilligt, diese Verkäufe seien nach Paragraf 7 Absatz 2 Nr. 1 des Gaststättengesetzes erlaubt gewesen.
Bei diesen Filialen handelt es sich um Gaststättengewerbe im Sinne von Paragraf 1 Absatz 1 des Gaststättengesetzes, weil die Beklagte dort auch Cafés betreibt, in denen sie Getränke und Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht. Der Anwendung des Gaststättenrechts steht nicht entgegen, dass die Beklagte innerhalb desselben Raums neben einem Café eine Bäckerei-Verkaufsstelle betreibt. Desgleichen kommt es nicht darauf an, dass sie die Speisen und Getränke im Café zur Selbstbedienung bereitstellt.
Die von der Beklagten im Café verabreichten Brötchen und Brote dürfen nach Paragraf 7 Absatz 2 Nr. 1 des Gaststättengesetzes außerhalb der gaststättenrechtlichen Sperrzeiten und ohne Bindung an die gesetzlichen Bestimmungen über den Ladenschluss im Straßenverkauf abgegeben werden. Nach der vom Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellten Verkehrsanschauung handelt es sich bei Brötchen und Broten um zubereitete Speisen, also um – durch den Backvorgang – essfertig gemachte Lebensmittel. Diese werden in den Cafés der Beklagten verabreicht. Dass die Beklagte das Brot im Café in geschnittener Form anbietet, im Straßenverkauf aber ganze Brotlaibe veräußert, und die Gäste des Cafés die Brötchen und die Brotscheiben selbst bestreichen oder belegen, ändert an dieser Beurteilung nichts. Da die Zulässigkeit eines Straßenverkaufs nicht voraussetzt, dass die Speisen in der Gaststätte zubereitet worden sind, kommt es ferner nicht darauf an, wo die Brötchen und Brote gebacken wurden. Eine zulässige Abgabe zum alsbaldigen Verzehr liegt zwar nur vor, wenn der Betreiber der Gaststätte annehmen darf, dass die abgegebenen Waren im Wesentlichen zum sofortigen Verbrauch erworben werden. Davon durfte die Beklagte aber im Blick auf Art und Menge der bei den beanstandeten Verkäufen abgegebenen Backwaren ausgehen.
Vorinstanzen
LG München II – Urteil vom 20. April 2018 – 12 O 4218/17;
OLG München – Urteil vom 14. Februar 2019 – 6 U 2188/18 (GRUR-RR 2019, 227).
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