Bonn. (vdf) Da war der Verband der deutschen Fruchtsaft-Industrie (VdF) selbst ein bisschen überrascht als sich herausstellte, dass Fruchtsäfte für viele Deutsche sowas ähnliches wie «Soulfood» in der Pandemie sind. Im März schoss der Absatz durch die Decke und ließ die Nachfrage nach anderen alkoholfreien Getränken deutlich hinter sich. Mit anderen Worten: Nicht nur aufgrund der schwachen Saison 2019 wird die Ernte 2020 vielerorts auf die leeren Tanks der Fruchtsafterzeuger treffen. Darüber, wie gut die Chancen sind, die Tanks aus der Streuobsternte 2020 wieder zu füllen, informierte der Verband jetzt.
Zu Beginn der Streuobstsaison sah es zunächst weniger gut aus für die diesjährige Erntemenge. So gab es im Frühjahr kaum Regen und der Mai war praktisch ohne Niederschläge. Dank der Regenfälle im Juni, konnten die Streuobstbäume dann aber mit ausreichend Wasser versorgt werden, so dass die deutschen Fruchtsafthersteller laut der Prognose der Fruchtbehangschätzungen nun mit zirka 850.000 Tonnen Streuobstäpfeln rechnen. Die durchwachsenen Sommermonate tragen voraussichtlich dazu bei, dass die Äpfel weiter an Größe gewinnen. Die Fruchtgröße ist ein wesentlicher Faktor für den Ertrag. Hier gilt die Faustregel: Jeder zusätzliche Zentimeter im Durchmesser pro Apfel steigert den Ertrag um etwa 30 Prozent.
Auch die natürliche Alternanz spielt bei der zu erwartenden Menge an Streuobstäpfeln eine entscheidende Rolle. Demnach wird ein schwaches Erntejahr, wie in 2019 mit nur rund 200.000 Tonnen, von einem stärkeren Erntejahr gefolgt. Dennoch liegt die diesjährige Schätzung mit 850.000 Tonnen noch deutlich unter dem Rekordjahr 2018 mit 1,1 Millionen Tonnen.
Regional gibt es deutliche Unterschiede. Im Süden Deutschlands wird die Erntemenge in diesem Jahr verhältnismäßig hoch ausfallen. In dieser Region befindet sich etwa die Hälfte des bundesweiten Streuobstbestands. Nur schwache Niederschläge im Osten Deutschlands lassen die Ernteerwartungen dort niedriger ausfallen. Zudem zeigt sich der Behang dort weniger dicht.
Aufgrund der schwachen Ernte im Vorjahr sind die Lagerbestände in der deutschen Fruchtsaftindustrie niedrig. Deshalb wird die anstehende Ernte die Apfelsafttanks wieder auffüllen.
Sondersituation: Streuobst wird zu großem Anteil Bio
Auf diese Formel lässt sich die Entwicklung der Zertifizierung von extensiv genutztem Streuobst als Lieferant für Bio-Apfelsaft bringen. In manchen Streuobstgegenden ist aufgrund des weit höheren Erzeugerpreises der Bio-Anteil auf über 50 Prozent bei Streuobst gestiegen, so dass die Knappheit stärker bei der sauren konventionellen Ware auftritt.
Streuobstwiesen – wichtiges Ökosystem und Paradies für alte Obstsorten
Streuobstwiesen zählen zu den artenreichsten Ökosystemen Europas. Sie bieten über 5.000 Tier- und Pflanzenarten wertvollen Lebensraum und Nährboden; darunter auch einige bedrohte Arten wie der Steinkauz. Vögel finden hier Platz zum Nisten, Insekten treffen auf ein reichhaltiges Nahrungsangebot und Hummeln, Honig- und Wildbienen schätzen die bunte Blütenvielfalt.
Die Bäume wiederum profitieren von der Bestäubung durch Bienen. Wie reich die Obsternte ausfällt, hängt unmittelbar mit ihnen zusammen und damit letztendlich auch, wie viel Fruchtsaft gekeltert werden kann.
Bis zu 3.000 verschiedene Obstsorten, darunter alleine 1.400 Apfelsorten wachsen bundesweit auf den Streuobstwiesen. Insbesondere die Zahl der alten Sorten macht den besonderen Reiz der Streuobstwiesen aus.
Das breite Sortenspektrum verleiht den Säften von Streuobstwiesen in jeder Saison ein ganz eigenes und besonderes Aroma. So profitieren Fruchtsafthersteller und ihre Kunden von der großen Vielfalt und den besonderen Geschmacksvarianten (Foto: VdF).
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