Montag, 25. September 2023
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Thema Ernährung: Das steht im neuen Koalitionsvertrag

Bremerhaven. (eb) Nach rund einmonatigen Verhandlungen haben sich die Akteure der künftigen Bundesregierung auf die Grundlage ihrer Zusammenarbeit geeinigt. «Die Ampel steht.» Gemeinsam mit den Parteivorsitzenden von SPD, Grünen und FDP stellte der designierte Bundeskanzler Olaf Scholz jetzt den Koalitionsvertrag vor. Auf 177 Seiten beschreiben die Parteien ihren Anspruch auf politischen Fortschritt und was man sich sonst noch so zu Beginn einer Legislaturperiode verspricht.

Der WebBaecker hat das Inhaltsverzeichnis gelesen und gleich weitergeblättert auf Seite 43 – ab der es interessant wird für die Lebensmittel verarbeitenden Branchen. Der Tierschutz nimmt breiten Raum ein im Kapitel «Landwirtschaft und Ernährung». In der «Europäischen Agrarpolitik» wiederum können die Koalitionäre derzeit nicht viel bewegen, zumal die alte und noch geschäftsführende Bundesregierung hier (erfolgreich) alles daran gesetzt hatte, noch vor Regierungswechsel die unglaublich hohen Summen aus den EU-Töpfen nach altem Muster weit überwiegend auf eine konventionelle Agrarindustrie zu verteilen.

Beim Thema «Ernährung» hingegen ist Bewegung zu erwarten, zumal sich die neue Bundesregierung vorgenommen hat, die Politik zu modernisieren. Modernisierung in dem Sinn, dass Deutschland auch weiterhin nicht zur Avantgarde zählen wird – doch immerhin, sofern die traditionellen Verbände die Politik gewähren lassen, zum durchschnittlichen europäischen Standard aufschließen kann. Ein Schwerpunkt in dieser Legislaturperiode: Die Koalitionäre wollen, besonders mit Blick auf Kinder, mit den Akteuren bis 2023 eine Strategie beschließen, um eine gesunde Umgebung für Ernährung und Bewegung zu schaffen.

Zu den weiteren Vorhaben zählen folgende Stichpunkte:

DLG-Standards als Maßstab: Die Koalitionäre wollen die Standards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung aktualisieren, in der Gemeinschaftsverpflegung als Standard etablieren, Vernetzungsstellen weiterbetreiben und Modellregionenwettbewerb durchführen. Das Ziel ist, den Anteil regionaler und ökologischer Erzeugnisse entsprechend der Ausbauziele zu erhöhen.

Lebensmittelverschwendung: Die Koalitionäre wollen gemeinsam mit allen Beteiligten die Lebensmittelverschwendung verbindlich branchenspezifisch reduzieren, haftungsrechtliche Fragen klären und steuerrechtliche Erleichterung für Spenden ermöglichen.

Alternative Proteinquellen: Die Koalitionäre wollen pflanzliche Alternativen stärken und setzen sich für die Zulassung von Innovationen wie alternative Proteinquellen und Fleischersatzprodukte in der EU ein.

Verbraucherrecht und Umweltschutz: Das Verbraucherrecht soll modernisiert werden, wobei der Koalitionsvertrag der Ampel keine Maßnahme aufzählt, die sich nicht irgendwo in Europa schon bewährt hätte. An Kinder gerichtete Werbung für Lebensmittel mit hohem Zucker-, Fett- und Salzgehalt dürfe es in Zukunft bei Sendungen und Formaten für unter 14-Jährige nicht mehr geben. Zudem wollen die Koalitionäre ein EU-weites Nutri-Score wissenschaftlich und allgemeinverständlich weiterentwickeln. Die neue Bundesregierung unterstützt die Entwicklung von Kriterien für einen ökologischen Fußabdruck. Die Koalitionäre wollen den gesundheitlichen Verbraucherschutz stärken und zu gesundheitsgefährdenden Stoffen wie endokrine Disruptoren, Mehrfachbelastungen, Kontaktmaterialen forschen. Die Plattform Lebensmittelwarnung.de soll praktikabler werden. Die neue Bundesregierung will wissenschaftlich fundierte und auf Zielgruppen abgestimmte Reduktionsziele für Zucker, Fett und Salz schaffen.

Lebensmittelmarkt: Auch beim Thema «Lebensmittelmarkt» setzt die neue Bundesregierung weitgehend auf Kontinuität. Sie unterstützt fairen Wettbewerb mit fairen Preisen. Sie will die kartellrechtliche Missbrauchsaufsicht und Fusionskontrolle im Bundeskartellamt stärken. Die Koalitionäre gehen gegen unfaire Handelspraktiken vor und prüfen, ob der Verkauf von Lebensmitteln unter Produktionskosten unterbunden werden kann. Der Milchmarkt steht weiter unter Beobachtung.

Alles in allem verfestigt sich der Eindruck, dass die neue Bundesregierung das Thema «Ernährung» nicht so sehr zu ihren Fokus-Themen zählt, wie es Tierschutz und Landwirtschaft durchaus sein werden. Andererseits: Der Ton macht die Musik und es bleibt abzuwarten, wie die im Koalitionsvertrag dargelegten Vorhaben in Gesetze und Verordnungen gegossen werden (Foto: © Grüne).

Der Koalitionsvertrag 2021-2025 im Original

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