Berlin. (zv) Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 17. Oktober bestätigt, dass Bäckereien an Sonn- und Feiertagen in Verkaufsstellen ihr gesamtes Backwarensortiment ohne zeitliche Beschränkung verkaufen dürfen, sofern sie in der Filiale Sitzgelegenheiten vorhalten. Somit dürfen Bäckereien außerhalb der gesetzlichen Ladenöffnungszeiten auch Brot und unbelegte Brötchen verkaufen. Ausgenommen davon ist die Sperrzeit, die in den meisten Bundesländern zwischen 05:00 und 06:00 Uhr morgens liegt. Der BGH stufte damit – wie schon zuvor das Land- und Oberlandesgericht München – Brot und Brötchen als «zubereitete Speisen» nach dem Gaststättengesetz ein (siehe WebBaecker 07/2019 vom 15. Februar).
Sonn- und Feiertage oftmals umsatzstärkste Tage
Michael Wippler, Präsident des Zentralverbands des Deutschen Bäckerhandwerks (ZV), erkennt die zwiespältige Sichtweise zum Sachverhalt: «Für viele Handwerksbäckereien sind Sonn- und Feiertage die umsatzstärksten Tage und eine Möglichkeit, sich gegen die Konkurrenz wie Tankstellen und Discounter zu behaupten. Viele Kunden möchten auch am Wochenende das gesamte Backwarensortiment beim Handwerksbäcker vorfinden und kaufen. Andererseits gilt es auch, den Sonn- und Feiertag zu schützen, so dass viele Betriebe nicht öffnen und sich dafür einsetzen, dass diese Tage nicht zu einem normalen Werk- und Verkaufstag ausgeweitet werden», sagt Wippler. Der Zentralverband positioniert sich klar gegen eine solche Entwicklung und möchte den Sonntag nicht mit den anderen Wochentagen gleichsetzen. Hauptgeschäftsführer Daniel Schneider ergänzt: «Um diese Frage ging es jedoch im vorliegenden Fall nicht. Die Karlsruher Richter mussten entscheiden, was eine «zubereitete Speise» ist, bestätigten ansonsten aber nur die gesetzlich bestehenden Rahmenbedingungen: Unter Berücksichtigung der Ladenöffnungsgesetze der Länder sowie des Gaststättengesetzes ist es damit nun erlaubt, Brot und Brötchen am Sonntag auch an Laufkundschaft zu verkaufen, sofern der Bäcker daneben eine Sitzgelegenheit für den Verzehr von Speisen oder Getränken vor Ort hat und damit als «Gaststättengewerbe» gilt.»
Zu berücksichtigen sei hierbei, dass sich Ernährungsgewohnheiten – gerade in städtischen Regionen – geändert hätten und vielfach der Snack und ein Kaffee auf dem Weg zur Arbeit das Butterbrot zuhause ersetzten. Gleichzeitig gehöre ein ausgiebiges Frühstück im Kreise der Familie oder Freunde zum beliebten Ritual am freien Wochenende. Für viele Handwerksbäcker sei daher der Sonntag der umsatzstärkste Tag der Woche. Schneider meint: «Kein Betrieb ist durch dieses Urteil gezwungen, am Sonn- oder Feiertag zu öffnen und wird dies sicher auch nicht tun, wenn es sich betriebswirtschaftlich nicht lohnt.» Letztendlich müsse jeder Handwerksbäcker für sich entscheiden, ob ein Sonntagsverkauf sinnvoll ist – die Region, der Standort und die Nachfrage der Kundschaft seien dabei ausschlaggebend.
Faire Rahmenbedingungen für alle Marktteilnehmer
Schneider erklärt das Hauptanliegen des Zentralverbands, der sich für gleiche Wettbewerbsbedingungen aller Marktteilnehmer einsetzt: «In der Vergangenheit mussten wir hinnehmen, dass Tankstellen, Bahnhofssupermärkte und Co. 365 Tage im Jahr Industriebackwaren verkaufen.» Handwerksbäckereien hätten hingegen je nach Bundesland meist nur drei bis sechs Stunden öffnen dürfen und den Rest des Tages tatenlos zusehen müssen, wie ihnen Marktanteile entgingen. «Es kann nicht sein, dass Tankstellen oder Supermärkte ganztägig am Sonntag geöffnet haben und aufgebackenes Brot und Brötchen als «Reisebedarf» verkaufen dürfen, während Bäckern der Verkauf von qualitativ hochwertigen Backwaren verwehrt wird», kritisiert Schneider. Durch die Entscheidung des BGH habe das Bäckerhandwerk nun für die Verkaufszeiten annähernd gleiche Rahmenbedingungen erreicht, wie sie der Lebensmittel- Einzelhandel und andere Wettbewerber schon seit längerem für sich in Anspruch nähmen.
Entsprechend moderne Rahmenbedingungen für das Bäckerhandwerk ließen hingegen beim Thema Produktionszeiten nach Arbeitszeitgesetz auf sich warten, welche aus Sicht des Verbands dringend an den veränderten Markt angepasst werden müssten. Demnach ist es Bäckereien an Sonn- und Feiertagen erlaubt, nur für bis zu drei Stunden Backwaren herzustellen und diese in die Filialen zu liefern. In Zeiten einer Strukturreform im Bäckerhandwerk wird dies nicht mehr als ausreichend erachtet und muss dringend auf acht Stunden ausgeweitet werden. Schneider fordert: «Wenn sich Marktbedingungen und mehrheitlich auch Kundenwünsche verändern, müssen Gesetze entsprechend angepasst werden» (Foto: pixabay.com).
WEITERE THEMEN AUS DIESER RUBRIK FÜR SIE:
- DLG: Investitionen und Trends in Innovation und Produktion
- Südzucker: Ergebnisrückgang im H1-2025 ist deutlich
- HungryPanda: sammelt 55 Millionen für die weitere Expansion ein
- Uni Hohenheim: freut sich über Spitzenplatz in der Forschung
- Lesaffre-Gruppe: erwirbt Mehrheitsbeteiligung an Biorigin
- Edeka Minden-Hannover eröffnet neue Firmenzentrale
- 10 Jahre umfassende Kompetenz für IT-Projekte
- EUDR: BMEL begrüßt Verschiebung um zwölf Monate
- Lohnsteuerhilfe: Höhe der Aussetzungszinsen verfassungswidrig?
- Besser bestellen mit den Marvin Vergleichsdaten
- BürokratieentlastungsG IV kann nur ein Auftakt sein
- BayWa AG: Außerplanmäßige Abschreibungen belasten das Ergebnis
- Bundestag debattiert Jahressteuergesetz 2024
- Agravis AG: investiert deutlich in die Stückgutlogistik
- Özdemir zur EUDR: «Kommissionspräsidentin ist am Zug»
- »HerBo43«: Lidl Herne erreicht Meilenstein
- Globus Markthallen: wollen fünf Standorte abgeben
- Logistikzentrum Lauenau: Vorreiter in der Region
- Marvin und BrotZEIT auf der Südback 2024
- StrongPoint: installiert vollautomatisches Tiefkühllager