Freitag, 29. März 2024

Rumänen: essen für ihr Leben gerne Brot und Gebäck

Bukarest / RO. (gtai) Die Nachfrage nach Weißmehlprodukten ist in Rumänien groß. Brot, vor allem Weißbrot, gehört als Beilage bei fast jedem Essen dazu. Jeder Rumäne verspeist davon statistisch gesehen 8,8 Kilogramm pro Monat – 105,6 Kilo pro Jahr. Hinzu kommen weitere Weißmehlprodukte wie Pizza und Pasta. Da die Rumänen auch für ihr Leben gerne süßes Gebäck essen und offen für neue, ausländische Produkte sind, könnte es zum Beispiel Lieferchancen für halbfertige oder tiefgekühlte Kuchen, Teilchen und Strudel geben.

«Wir Rumänen lieben süße Mehlspeisen», bestätigt Adriana Andriescu, Mitarbeiterin von Germany Trade + Invest in Bukarest. Auch Brezeln sind in Rumänien beliebt. Vor einem Brezel-Stand in der Bukarester Innenstadt sind regelmäßig lange Schlangen zu beobachten. Ein großes Problem für die lokalen Marktspieler ist allerdings der hohe Schwarzmarkt-Anteil auf dem Getreidemarkt, der laut Medienberichten 40 Prozent beträgt. Marktteilnehmer bestätigen einen hohen Anteil der nicht deklarierten Ware. Die rumänische Landwirtschaft ist allgemein dafür bekannt, dass Ware manchmal ohne Beleg den Besitzer wechselt. Als besonders ausgeprägt gilt die Schattenwirtschaft im Getreide-Sektor und damit auch im Bereich der Brot- und Backwarenindustrie. Weniger üblich soll der Schwarzhandel nach Einschätzung von Insidern etwa in der Milchwirtschaft sein.

Die Tageszeitung Ziarul Financiar überschreibt einen Fachartikel zum Getreide-, Brot- und Backwarenmarkt mit dem Titel «Ein schwarzer Markt». Nach Angaben in der Allgemeinen Deutschen Zeitung (ADZ) vom 11. August 2010 sieht Stefanos Krommydas, Vertreter des drittgrößten rumänischen Backwarenherstellers Titan, die Schattenwirtschaft als das größte Problem für den Teigwarenmarkt an. Belief sich der Umsatz von Titan 2008 noch auf 80 Millionen Euro, waren es 2009 nur noch 57 Millionen Euro. Der in der Krise verstärkte Schwarzhandel habe den Markt für sein Unternehmen verkleinert, wird Krommydas in der Zeitung wiedergegeben. Ähnlich soll sich auch ein Vertreter von Rumäniens zweitgrößtem Marktspieler, Vel Pitar, gegenüber Ziarul Financiar geäußert haben. Der Schwarzmarktanteil dürfte mit der deutlichen Mehrwertsteuererhöhung zum 01. Juli 2010 eher noch weiter zugenommen haben.

Auf den ersten Blick auffällig ist, dass die Umsätze der größten Branchenvertreter im Wirtschaftskrisenjahr 2009 auf Euro-Basis unter dem Niveau von 2008 lagen, obwohl Grundnahrungsmittel wie Brot in Krisenzeiten prinzipiell eher konstant nachgefragt werden. Neben dem gestiegenen Schwarzhandel hat aber vor allem der geschwächte Rumänische Neue Lei (RON) dazu geführt, dass die Umsätze auf Euro-Basis gesunken sind.

Die größten Mühlen, Brot-, Backwaren- und Nudel-Produzenten in Rumänien

Unternehmen Sitz Umsatz 2009 Umsatz 2008 Internet
Boromir Ramnicu Valcea 103,8 Millionen EUR 148,0 Millionen EUR boromir.ro
Vel Pitar Ramnicu Valcea 066,9 Millionen EUR 078,0 Millionen EUR velpitar.ro
Titan / LLI Pantelimon 057,2 Millionen EUR 080,0 Millionen EUR titan.ro
Dobrogea Grup Constanta 047,1 Millionen EUR 061,5 Millionen EUR dobrogeagrup.ro
Pambac Bacau 040,7 Millionen EUR 053,0 Millionen EUR pambac.ro
Pan Group Craiova 022,9 Millionen EUR 025,8 Millionen EUR pangroup.ro
Abo Mill Zalau 014,2 Millionen EUR 022,8 Millionen EUR aboholding.com
Pangram Resita 015,2 Millionen EUR 018,1 Millionen EUR montebanato.ro
Farinsan Gradistea 009,9 Millionen EUR 015,7 Millionen EUR farinsan.ro
Baneasa (nur Nudeln) Bukarest 005,4 Millionen EUR 012,1 Millionen EUR pastebaneasa.ro

Quellen: Germany Trade + Invest, Ziarul Financiar, Finanzministerium

Während Rumänien insgesamt ein deutlicher Netto-Importeur im Bereich Nahrungsmittel ist, exportiert das Land im Bereich Getreide mehr als es importiert. Nach Angaben des Statistikamts in Bukarest verkaufte das südosteuropäische Land 2009 Getreide und Getreideerzeugnisse im Wert von 677 Millionen Euro und importierte nur im Wert von 460 Millionen Euro.

Rumänien: Getreide-Importe und -Exporte 2009 (in Millionen Euro)

SITC-Warengruppe Import Export Handelsdefizit
0 Nahrungsmittel, lebende Tiere 3.032,5 1.323,4 -1.709,1
.04 Getreide und Getreideerzeugnisse 0.460,2 0.677,4 0.217,2

Quelle: Statistikamt (INS): Buletin statistic de comert international 12/2009

Hauptanbaugebiet für Getreide ist der flache, weite Süden Rumäniens. Ein Landstrich, den die Rumänen Valahia nennen; zu Deutsch: die Walachei. Auch die meisten Mühlen, Brot- und Backwaren-Produzenten haben im Süden des Landes ihren Sitz, neben Titan und Vel Pitar zum Beispiel auch Boromir. Die Weite der Walachei eignet sich gut für den großflächigen Getreideanbau. Weniger günstig sind die extrem heißen Sommer mit ihren plötzlichen Sommergewittern, Stürmen und sintflutartigen Regenschauern, die – wie im Sommer 2010 – zu Überflutungen führen.

Bis vor wenigen Jahren wurden die Geschäfte im Bereich Getreide, Brot- und Backwaren vor allem von Rumänen geführt. Inzwischen trauen sich immer mehr Ausländer auf den Markt. Bereits 2007 stiegen die Österreicher der Leipnik-Lundenburger Invest Beteiligungs AG (LLI) bei Titan ein. Titan beliefert unter anderem die in Bukarest stark vertretene belgische Supermarkt-Kette Mega Image mit Brot und Backwaren und eröffnete vor wenigen Monaten neue Produktionsanlagen in Cernica, um die McDonalds-Filialen in Rumänien mit Hamburger Buns versorgen zu können. Laut Medienberichten könnte Titan in Zukunft auch McDonalds in Bulgarien, Griechenland, Serbien und Mazedonien beliefern. Das Geschäft mit selbst produzierten Nudeln gab Titan hingegen bereits 2008 auf.

Ausländische Investoren im Segment Getreide, Brot, Gebäck (Auswahl)

Unternehmen Sparte
LLI (AT) Produktion von Backwaren (Titan)
Dr. Oetker (DE) Kuchen- / Puddingmischungen, Vanillezucker, Backpulver
Nestle (CH) Waffeln et cetera
ATON (DE) Mühle im Kreis Timis
Agrarius (DE) Weizen-Produktion, Land-Verpachtung
La Lorraine (BE) Bau einer Brotfabrik (JV mit Macromex)
German Bakery (DE) Filiale in Cluj
Backwerk (DE) SB-Backläden (Franchise-System)
Fornetti (HU) Anbieter von Teilchen (Franchise-System)
Nilana (BG) Produktion von Backwaren (auch Kaufland)

Quelle: Recherchen von Germany Trade + Invest (Stand: Januar 2011)

Im Jahr 2010 eröffnete das erste Geschäft der deutschen SB-Bäckerei BackWerk im Zentrum von Bukarest, welches wie in Deutschland als Franchise-Modell geführt wird. Ziel soll nach Angaben in rumänischen Medien sein, bis 2015 landesweit 25 BackWerk-Filialen zu eröffnen. Bisher gibt es nur eine Filiale. Hinter dem Rumänien-Geschäft steht der Dragos Petrescu, der mit seiner Restaurant- und seiner Cafe-Kette City Grill respektive City Cafe sowie mit dem wohl bekanntesten Restaurant Rumäniens, Caru cu Bere, als erfolgreicher Geschäftsmann gilt. Zumindest beim Handel mit Croissants und Teilchen wird Backwerk es mit dem Platzhirsch Fornetti aufnehmen müssen. Bei Fornetti handelt es sich ebenfalls um ein Franchise-System.

Laut Medienberichten plant La Lorraine aus Belgien, eine Brotfabrik als Joint Venture mit dem Vertriebsunternehmen für Tiefkühlkost, Macromex, in Campial Turzii (Kreis Cluj) zu eröffnen. Die ersten Backwaren sollen Ende 2011 vom Blech purzeln. Weitere Ausbaustufen sind dem Vernehmen nach bereits vorgesehen.

Ein Vergleich des Durchschnittsverbrauchs in den vergangenen Jahren zeigt, dass der Konsum von Brot mit derzeit 8,8 Kilo zwar weiterhin sehr hoch ist, in der Tendenz aber leicht sinkt. Im Jahr 2007 hatte ein Rumäne noch durchschnittlich 9,4 Kilo Brot pro Monat verzehrt. Es handelt sich um ein typisches Konsumverhalten, das mit dem steigenden Wohlstand einhergeht (Quelle: Germany Trade + Invest).

Entwicklung des monatlichen Brot-Konsums 2007 bis 2010

Lebensmittel 2007 2008 2009 Q3/2010
Weiß- und andere Brote in Kilo 9,4 9,2 9,0 8,8

Quelle: Statistikamt (INS)

Kontaktanschriften:

AHK Rumänien (Auslandshandelskammer)
Strada Clucerului 35
RO-011363 Bucuresti
Telefon: 0040.21.223-15 (bis -31)
Telefax: 0040.21.223-38

Außerdem:
National Association of Flour Milling and Baking Industries
Rumänischer Arbeitgeberverband der Brot- und Backwarenindustrie

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