Bergholz-Rehbrücke. (10.09. / igv) Das 18. VDB-Forum Ost Ende August stand ganz im Zeichen der Automatisierung in der Backwarenproduktion. Gastgeber war das IGV Institut für Getreideverarbeitung in Nuthetal bei Potsdam. Mit über 110 Fachleuten war die Veranstaltung auch in diesem Jahr wieder sehr gut besucht. Schon während der Eröffnung stimmte Hartmut Grahn, Vorsitzender der VDB-Landesgruppe Berlin-Brandenburg, die Teilnehmenden auf die Komplexität des übergreifenden Themas ein: «Automatisierung und Robotereinsatz - Effizienzpotenzial für die Backwarenproduktion». Dabei betonte der Vorsitzende die gute Zusammenarbeit mit dem IGV und der Staatlichen Fachschule für Lebensmitteltechnik Berlin (LeFa), die immer wieder die Identifizierung innovativer Themenstellungen ermöglicht.
Rüdiger Jank referierte zum Stand der Technik der Automatisierung und des Robotereinsatzes bei der Backwarenproduktion. Er zeigte als Mann aus der Praxis mit zahlreichen Beispielen aus der betrieblichen Praxis, welche Möglichkeiten der Automatisierung und des Robotereinsatz bereits heute genutzt werden. In Soest hat ein Team von 60 Ingenieuren und Technikern durch viele individuelle Anwendungen und durch die Verwendung von heute 40 Robotern die Automatisierung vorangetrieben und dabei die Belange der Mitarbeiter berücksichtigt.
Prof. Dr. Eckard Flöter von der TU Berlin und Dr. Heinz Kaiser vom IGV moderierten den zweiten Tag der Veranstaltung. Bei der Automatisierung ist eine einheitliche Sprache zwischen den Prozessebenen wichtig. In diesem Zusammenhang wurde von Stefan Flach von der TU München die Weihenstephaner Standards (WS) «Eine MES Schnittstelle für alle Maschinen der Lebensmittel- und Getränkeindustrie» vorgestellt. Während seines Vortrags lud Flach die Vertreter der Backbranche ein, diesen Standard auch in der Backbranche einzuführen.
Der Beitrag von Stefan Knauf von Mitsubishi Electric Europa widmete sich der Prozess-Überwachung. Die Sensortechnik bietet eine zentrale Option, den Ausfall durch optimierte vorausschauende Wartung weitgehend zu vermeiden. Als Ausblick zeigte er einen Roboter, der individuelle Schriftzüge auf Torten zur Dekoration aufbringen kann. Auch auf den vorherrschenden und sich verstärkenden Fachkräftemangel könnte mit dieser Lösung reagiert werden. Jörg Wagner von der Kaak Group stellte in seinem Vortrag die automatisierten Steinofenkonzepte für die Herstellung von Brot- und Kleingebäcken vor. Er zeigte, dass eine hohe Produktqualität mittels Langzeitführung und entsprechender Ofentechnik erreicht werden kann.
Peter Leimeister und Josef Hoos von der Fritsch Gruppe beschrieben am Beispiel der Automatisierung der industriellen Herstellung von Croissants bis zum Biegen der Croissants mit Robotern detailliert und eindrucksvoll, welche besonderen Aspekte zu beachten sind. Nur Anlagen, die technisch ausreichend flexibel auf die schwankenden Eigenschaften von Teigband und Teigling reagieren können, sind der Lage einen störungsfreien Produktionsablauf zu gewährleisten.
Bernhard Hukelmann vom Deutschen Institut für Lebensmitteltechnik (DIL) zeigte den Zuhörern ein neues Greifkonzept zur hygienischen Handhabung von Backwaren durch Robotertechnik. Vor den Augen des Auditoriums konnte der vom DIL entwickelte Greifer mit wenigen Handgriffen ohne Werkzeug zerlegt werden.
Praktischer geht es nicht! Roboter sind aus seiner Sicht nur «dumme Koordinaten- Anfahrmaschinen», die erst durch entsprechende Sensortechnik (häufig Kamerasysteme) und zum Beispiel Greifwerkzeuge für eine sinnvolle Anwendung genutzt werden können. Anhand eines Videos zeigte Hukelmann, wie mit einem vom DIL entwickelten Greifer mit Dekorzucker vollendete Berliner Pfannkuchen umgesetzt werden können - ohne sie zu beschädigen oder die Dekorzuckerschicht abzutragen.
In seinem Schlusswort bedankte sich VDB-Präsident Günther Behringer für die gute Organisation des Forums und für die Expertise im Rahmen der Vorträge. Er betonte die Notwendigkeit für die Backwarenproduzenten, sich auf die wandelnden Arbeitsbedingungen einzustellen. Waren Mitarbeiter der Backbranche früher stärker als Mitarbeiter aus anderen Branchen von Berufskrankheiten und Unfällen betroffen, so konnte dies auch durch Automatisierung in vielen Herstellungsprozessen deutlich verbessert werden. Den Referenten ist es mit ihren hervorragenden Vorträgen gelungen, die Vielschichtigkeit der Automatisierung sehr praxisnah aufzuzeigen.
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