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Backstube Wünsche: 
Vom Kleinstbetrieb bis zur Edeka-Tochter

G a i m e r s h e i m. (07.05.2002 / aa) Ihre hundertste Filiale eröffnete jüngst die Backstube Wünsche, seit 1997 100prozentige Edeka-Tochter. Geschäftsführer Heinz Wünsche (43) beschäftigt rund 570 Menschen. Der Gaimersheimer Betrieb setzte 2001 rund 38 Millionen Mark um. 

Welch rasante Entwicklung das Unternehmen in den vergangenen zwei Jahrzehnten hinlegte verdeutlicht die Tatsache, dass es 1981 neben dem Stammgeschäft gerade mal eine einzige Filiale in Ingolstadt hatte. Die Leistungen von 1981 bis 2002 würdigte unlängst die Augsburger Allgemeine (http://www.augsburger-allgemeine.de) im Rahmen einer Reportage.

22 Jahre war Heinz Wünsche damals alt, als es 1981 passierte: Vater Karl erlag einem Herzinfarkt. Bäckermeister war der in Eitensheim, hatte eine Filiale in Ingolstadt. Nun musste der Sohn ran. 21 Jahre später eröffnete der, letzten Monat in Kehlheim, seine hundertste Filiale. Die Backstube Wünsche klingt heimelig -- tatsächlich ist sie der größte Backbetrieb in der Region.

570 Menschen sind bei dem Gaimersheimer Betrieb beschäftigt, 38 Millionen Mark setzte man 2001 um. 1981 sah es freilich ganz anders aus. Heinz Wünsche, damals Bäckergeselle in München, "weil ich mit meinem Vater nie zusammenarbeiten hätte können", kam heim, wo Schwester und Mutter das Kaufmännische im Geschäft erledigten und musste erst noch die Bäckermeister-Prüfung ablegen. Den Grundstein zur Expansion hatte allerdings schon Karl Wünsche gelegt. Heinz Wünsche: "In Eitensheim verdoppelte der Vater per Anbau die Backfläche von acht auf 16 Quadratmeter." Heute klingt das lustig, wo Wünsche auf mittlerweile 360 Quadratmetern Backfläche fast rund um die Uhr Teiglinge in Brot, Kuchen und was sonst noch für Leckereien verwandelt.

Heinz Wünsche: "Der zweite Ofen lief nur am Freitag und Samstag. Wir wollten ihn aber jeden Tag laufen haben." Weshalb man Gaststätten und vor allem Lebensmittelgeschäfte belieferte. Anfangs ohne großen Erfolg. Denn: "Ein Geschäft nach dem anderen, das von uns beliefert wurde, machte dicht", wie der 43-Jährige sich lächelnd erinnert. Das Tante-Emma-Laden-Sterben lag in den 80ern in den letzten Zügen. Aber 1986 bekam Wünsche bei einer Supermarktkette in Ingolstadt den Fuß in die Tür und war damit in drei Einkaufsmärkten vertreten. Als der Familienvater sechs Filialen hatte, entschloss er sich 1988 neu zu bauen. Auf 100 Quadratmetern Backfläche und 1.500 Quadratmetern Nutzfläche im Gewerbegebiet in Gaimersheim wurde 1989 eröffnet. 1991 eröffnete man die zwölfte Filiale, 1997 waren es deren 36 und die Produktivitätsauslastung lag bei 120 Prozent.

Nach nur neun Jahren war ein erneuter Neubau fällig. Und dann kam die Edeka. Heinz Wünsche: "Es gab nur zwei Möglichkeiten. Verkaufen oder sich wieder bis unter die Halskrause verschulden." Der Bäckermeister entschied sich für ersteres und ist seitdem eine hundertprozentige Tochter des Einzelhandelsriesen. Wünsche ist Geschäftsführer im eigenen Betrieb, bezieht "Gehalt und Schmerzensgeld", wie er lachend sagt. Nicht nur durch die Backshops in allen Edeka-Läden erhielt die weitere Filialisierung einen extremen Schub. In knapp vier Jahren wurden 60 neue Geschäfte eröffnet. Erst recht seitdem 1999 die "gläserne Backstube" in Gaimersheim mit 7.000 Quadratmetern Nutz- und 360 Quadratmetern Backfläche eröffnet wurde -- der größte Backbetrieb der Region. Mittlerweile gehört Wünsche zur Top Ten in Bayern.

Qualität und Sauberkeit

Was dem 43jährigen gar nicht so recht zu sein scheint. Wenn er ein Wort wie der Teufel das Weihwasser scheut, dann ist dies: Fabrik. Der Großbäcker: "Der Kunde glaubt, dass besonders Großes nicht unbedingt besonders Gutes sein muss." Dabei hält sich Heinz Wünsche viel auf die Qualität seiner Produkte, pro Filiale sind hundert verschiedene Backwaren im Angebot, und auf die Sauberkeit seiner Backstube. Wünsche: "Wir geben monatlich allein für Reinigung 25.000 Euro aus. Rückgängige Ware kommt mir überhaupt nicht mehr in den Betrieb. Entweder geht die an die Tafel oder in einen Container."

Wer bei Wünsche um Mitternacht mal eine Betriebsführung mitmacht, kann lustige Dinge erleben. Zum Beispiel Frauen, die Berge von Salat portionieren. 1.200 Schalen sind dies jede Nacht, um dem "modernen Brotzeitkunden" bedienen zu können, der sich vom Leberkäse abgewandt hat und, wie Wünsche sagt, "nicht bei McDonalds landen soll." Oder Backwaren, die bei uns noch keiner gesehen hat, wie "Teeblätter" oder "Häuberlinge". Lokale Feinheiten aus Regensburg und Erding, wo Wünsche Filialen unterhält und auf den Markt reagiert.

Die Expansion wird im Gaimersheimer Betrieb weitergehen, denn, wie Heinz Wünsche erklärt: "Es gibt in unserem Gewerbe nur zwei Möglichkeiten. Entweder greifst du richtig an und verdienst ab der zehnten Filiale -- wenn es sich rechnet, jemanden einzustellen -- Geld oder du betreibst ein Einzelgeschäft. Dazwischen ist es brutal schwer."

Er hat einen Punkt erreicht, wo man nicht mehr zurück kann. Wünsche: "Von 1960 bis 1995 haben sich die Bäckereibetriebe auf 20.000 halbiert, seitdem schmelzen jährlich tausend ab, weil es keine Nachfolger gibt. Entweder fang ich diesen Bereich ab oder die Konkurrenz tut es." Würde man nur kurzfristig mit der Expansion aussetzen, könnte sie nie wieder einsetzen. (aa)


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