Dienstag, 16. April 2024

Offener Brief: Mit Mut und Verbindlichkeit aus der Krise

Bremerhaven. (eb) Jetzt also doch: Wie aus der Rede von Bundesminister Robert Habeck (BMWK) zum Bundeshaushalt 2023 hervorgeht, will die Bundesregierung das Energiekostendämpfungsprogramm (EKDP) für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) nun doch öffnen. Natürlich werde die Öffnung an Kriterien gebunden sein. Doch erklärtes Ziel sei, der deutschen Wirtschaft den Weg in die neue Zukunft zu erleichtern, betonte Habeck am Donnerstag in Berlin. Eine gute Nachricht, auch wenn Details noch fehlen.

Das ist ein Signal, auf das die backenden Branchen dringend gewartet haben. Angesichts der im Raum stehenden Summen wird nicht nur dem Minister schwindelig sein. Viele Branchen werden ihre Sorgen und Konzepte vorgetragen haben. Klar ist, dass nicht nur die Milliardenbeträge Respekt einflößen. Auch und gerade der Umfang des Innovationsstaus, den unser Land bewältigen muss, flößt Respekt ein.

In diesem Sinn als vertrauensbildende Maßnahme ist wohl – auch – ein offener Brief zu verstehen, mit dem sich der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks (ZV), der Deutsche Konditorenbund (DKB) und die Bäko-Organisation unter der Überschrift «Mit Mut und Verbindlichkeit aus der Energiekrise» an den Minister wandten. Den Brief können Interessenten auf der Bäko-Website hier herunterladen. ZV-Präsident Michael Wippler, DKB-Präsident Gerhard Schenk und Bäko-Vorstandssprecher Stefan Strehle stellen darin die Situation der Branche dar, um dann ein Phasenkonzept zur strukturellen Behandlung und Lösung der Energiekrise zu entwerfen. Möglicherweise ist es mit dieses Konzept, das den Minister bewogen hat, nach einer teils irritierenden Woche noch im Rahmen der Haushaltsberatungen 2023 ein Signal zu senden.

Das Konzept ist zu wichtig, als dass es nur im Format PDF archiviert sein sollte. Um auch Lesern via Smartphone die Gelegenheit zu geben, es komfortabel zu lesen, gibt es eine Abschrift wie folgt:


Phasenkonzept zur strukturellen Behandlung und Lösung der Energiekrise

Phase 1: Kurzfristige Maßnahmen zur Verhinderung eines breiten Zusammenbruchs der Bäckerei- und Konditoreistrukturen
  • Einrichtung eines Krisenstabs unter der Leitung der Bundesregierung zur Bewältigung der Energiekrise, um insbesondere die Koordination von Maßnahmen zu erreichen, aber auch die Krisenkommunikation zu organisieren
  • Anerkennung der Betroffenheit des Bäcker- und Konditorhandwerks als Härtefall. Wir erwarten einen finanziellen Rettungsschirm, der die Betriebe schnell und spürbar entlastet – sei es durch eine Deckelung der Energiekosten oder entsprechende Zuschüsse, eine weitergehende Absenkung der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel und Gastro-Umsätze (siehe dazu die nachfolgenden Punkte) oder Ausnahmen von der CO2-Abgabe respektive Gas-Umlage
  • Berücksichtigung des Bäcker- und Konditorhandwerks im Rahmen des Energiekostendämpfungsprogramms, bei dem zwar international handelnde Dauerbackwarenhersteller, aber in keinem Fall regionale Versorger des backenden Handwerks heute Berücksichtigung finden; Verlängerung des Antragstellungszeitraums bis 31. Oktober 2022
  • Deckelung der Energiepreise für Gas und Strom bis zu maximal einer Verdoppelung der Durchschnittspreise für 80 Prozent der Verbrauchsmengen aus 2021
  • Abmilderung des Insolvenzrechts, so dass es zu keinen energiebedingten Insolvenzen kommen muss, nachdem die Handwerksbetriebe immer noch die Pandemiephase wirtschaftlich zu kompensieren haben
  • Dauerhafte Anpassung des MwsSt-Satzes für Verpflegungsdienstleistungen in allen gastronomischen Bereichen auf 7 Prozent über den 31. Dezember 2022 hinaus
  • Zur Finanzierung muss die Schuldenbremse ausgesetzt werden. Nur so wird Deutschland ohne ernstzunehmenden Schaden die Krise überstehen
  • Die Vergünstigung von Strom und Gas, indem kurzfristig und unideologisch alle Möglichkeiten genutzt werden, um die Versorgungssicherheit in Deutschland zu gewährleisten. Dies schließt auch eine Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke ein.
Phase 2: Mittelfristige Umsetzung in den nachsten ein bis drei Jahren
  • Arbeitskreisinitiative zwischen backenden Betrieben, Deutschem Konditorenbund, Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks, Bäko, Kälteanlagen-/ Ofenanlagen- Unternehmen, Energieberatern und Politik zur Verfolgung kurzfristig angelegter Energiesparprogramme
  • Weitreichende Ausbildung von Klimaprofis unter dem Programm des Mittelstandsverbunds in allen Bäkos und Großbetrieben ab 75 Filialen
  • Investitionsförderung in die Digitalisierung und Steuerungsvernetzung zum Zwecke einer effizienten Produktion und eines effektiven Vertriebs auf Basis von KI basierten Prognoseinstrumenten und einer IOT-Vernetzung – Energieeinsparung auf den Ebenen der Produktion, Einsparung von Wegwurf und Lebensmittelvernichtung; Reduzierung der Beheizungs-/ Kältelaufzeiten
  • Bereitstellung von Schnellladesystemen an den Bäckerei- und Konditoreifilialen zur Unterstützung des Ausbaus einer deutschlandweiten E-Mobilitat /-Ladestationssystematik
Phase 3: Nachhaltige Energieeinsparungen im Bäcker- und Konditorhandwerk sowie Einzelhandel (Drei- bis Fünf-Jahreszeitraum)
  • Beschleunigte Zulassung von Biogasanlagen für das Bäcker- und Konditorhandwerk
  • Weitere Unterstützung und Ausbau der «Mittelstandsinitiative Energiewende und Klimaschutz» (MIE) und Bereitstellung entsprechender Fördermittel für diese. Die MIE unterstützt kleine und mittelständische Unternehmen des Handwerks dabei, Ansätze für EnergieeffizienzmaBnahmen und den sinnvollen Einsatz von erneuerbaren Energien im Betrieb zu finden («Die energieeffiziente Bäckerei») – ihr Service hat sich bewahrt, sollte ausgebaut und noch stärker beworben werden
  • Aufbau von Förderprogrammen zur Unterstützung der Entwicklung von wasserstoffunterstützten Beheizungssystemen in der Backstube
  • Aufbau von Förderprogrammen der Investition in E-Mobilität und Wasserstoff betriebene Fuhrparks bei der Filialbelieferung (Foto: pixabay.com).
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