Samstag, 5. Oktober 2024

Nachhaltigkeit entscheidet mit über den wirtschaftlichen Erfolg

Bonn. (skp) Ein nachhaltiges Sortiment ist heute entscheidend für den wirtschaftlichen Erfolg. Laut einer Studie der Simon-Kucher + Partners Unternehmensberatung kauft mehr als jeder vierte Konsument weniger ein, wenn keine nachhaltigen Produkte vorhanden sind. Gleichzeitig würde fast jeder Zweite für nachhaltige Artikel mehr zahlen als für Standardartikel. Dies betrifft vor allem Mode und Kosmetik, hier ist aber auch der Greenwashing-Verdacht am größten. Der Handel muss über die neue EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeits-Claims hinaus tätig werden. Denn mehr als jeder Dritte traut den jetzigen Labels nicht, geht aus der Studie hervor. Stichpunkte:

  • 19 Prozent kaufen weniger und 8 Prozent gar nichts, wenn nachhaltige Produkte nicht vorrätig sind
  • Grundsätzlich würden 43 Prozent für nachhaltige Artikel mehr zahlen als für Standardartikel
  • Größte Zahlungsbereitschaft für Nachhaltigkeit bei Mode (50 Prozent) und Kosmetik (49 Prozent)
  • Aber: Greenwashing-Verdacht bei Mode (45 Prozent), Kosmetik (41 Prozent) und Lebensmitteln (41 Prozent) hoch
  • 39 Prozent trauen Nachhaltigkeitslabeln nicht: Größte Zweifel bei Lebensmitteln (44 Prozent) + Kosmetik (44 Prozent)
  • Für 45 Prozent ist Nachhaltigkeit entscheidend bei der Händlerwahl: Aber 46 Prozent kennen Maßnahmen nicht

Fehlt das nachhaltigte Sortiment, hat das drastische Auswirkungen auf das Kaufverhalten. Laut der Simon-Kucher Retail-Studie 2023 zur Nachhaltigkeit im Handel kaufen 19 Prozent der Konsumenten in Deutschland weniger ein, wenn nachhaltige Produkte nicht vorrätig sind. Acht Prozent verlassen ohne nachhaltige Produkte in den Regalen den Laden sogar mit komplett leeren Händen.

Wer kein nachhaltiges Sortiment bietet, wird abgestraft

«Nachhaltigkeit ist ein Mega-Trend, der von Kundenpräferenzen getrieben wird. Diese Nachfrage nicht abzubilden, ist fatal für den Handel,» sagt Dr. Tobias Maria Günter, Partner und Head of Retail bei der Unternehmensberatung. Sein Fazit zur den Studienergebnissen? «Wer kein nachhaltiges Sortiment bietet, wird abgestraft.»
Fast jeder Zweite greift tiefer ins Portemonnaie

Dabei kann der Handel mit nachhaltigen Artikeln gutes Geschäft machen. So sind 43 Prozent der Verbraucher in Deutschland bereit, für nachhaltige Artikel mehr zu zahlen, als für vergleichbare Standardartikel. Besonders bei Mode (50 Prozent) und Kosmetika (49 Prozent) greifen Konsumenten gerne tiefer in den Geldbeutel. Aber auch bei Unterhaltungselektronik (48 Prozent), Lebensmitteln (41 Prozent) und Einrichtung (37 Prozent) würde ein signifikater Anteil der Konsumenten freiwillig mehr bezahlen.

Kaum Vertrauen in den Handel und vorhandene Labels

Das Problem? Die Konsumenten haben Bedenken, ob die Produkte wirklich nachhaltig sind. 39 Prozent zweifeln an der Glaubwürdigkeit der Händler. Besonders bei Mode (45 Prozent), Kosmetik (41 Prozent) und Lebensmitteln (41 Prozent) vermuten die Konsumenten Greenwashing. Selbst Nachhaltigkeitslabeln vertrauen 39 Prozent der Verbraucher nicht. Kritisch beäugt werden vor allem Nachhaltigkeitslabel für Lebensmittel (44 Prozent) und Kosmetik (44 Prozent).

Nachhaltigkeit entscheidend bei der Händlerwahl

Die neue EU-Richtlinie zur Verifikation von «Green Claims» kommt daher nicht nur den Konsumenten, sondern auch dem Handel gelegen. Denn: Für 45 Prozent der Verbraucher ist Nachhaltigkeit entscheidend bei der Händlerwahl. «Statt aus Angst die Kommunikation einzuschränken, müssen Unternehmen proaktiv ihre Umweltaussagen prüfen», erklärt Markus Goller, Senior Director in der Simon-Kucher Retail-Practice.

Konsumenten kennen Initiativen der Händler nicht

Auch die richtige Kommunikation sei Pflicht. Aktuell kennt fast die Hälfte der Konsumenten (46 Prozent) die Nachhaltigkeitsmaßnahmen der Händler nicht. Besonders im Modebereich (58 Prozent) haben Verbraucher ein Fragezeichen vor den Augen. Gleichzeitig glauben sie aber, dass die Mode- (77 Prozent) noch vor der Lebensmittel-Branche (76 Prozent) das größte Potential für mehr Nachhaltigkeit aufweist.

Verbraucher wünschen sich gute Preise und bessere Qualität

Wie also macht man es richtig? «Nachhaltigkeitsinitiativen müssen kundenrelevant, nachweisbar und korrekt sein», erklärt Tobias Günter. Vor allem gelte es zuzuhören, was Kunden wirklich wollen. Laut der Simon-Kucher Retail-Studie wünschen sich Konsumenten für nachhaltigere Produkte vor allem attraktivere Preise (21 Prozent), Sonderangebote (15 Prozent) und bessere Qualität (13 Prozent). «Was innovative Preis-Modelle betrifft, können hier vor allem ein Reparaturservice, spezielle Rabatte, Spar-Abos oder Starter-Sets zur Neukundengewinnung Sinn machen.»

Für die Retail Studie hat die Simon-Kucher Unternehmensberatung in Zusammenarbeit mit dem unabhängigen Marktforschungsinstitut Innofact im August 2023 genau 614 Konsumenten in Deutschland unter anderem zu Nachhaltigkeitskriterien, Kaufkriterien und Zahlungsbereitschaft befragt.