Gütersloh. (mm / eb) Gibt es eine optimale Nährwertkennzeichnung? Hierzulande offenbar nicht. Sonst würden wir nicht seit Jahrzehnten darüber streiten. Jede Interessenvertretung versteht etwas anderes darunter. Sich als Politiker am Gemeinwohl orientieren und einfach eine Entscheidung «pro Verbraucher» treffen geht auch nicht, weil man spätestens dann im Minenfeld der Lobbyisten irgendwas losgetreten hätte, was schwer zu steuern wäre. Schließlich baut der politische Erfolg nicht auf einem netten Lächeln oder tiefer Sachkenntnis auf. Erfolgreich ist, wer sich mit bekannten Mechanismen arrangieren kann und niemandem etwas wegnimmt – jedenfalls nicht denen, die im Zweifelsfall am längeren Hebel säßen.
Und doch hat es eine Nährwertkennzeichnung auf die europäische Bühne geschafft, die durch ihren Nutzwert für Verbraucher herausragt. Die Rede ist vom französischen «Nutri-Score», mit dem diverse EU-Mitgliedsstaaten liebäugeln, wenn sie ihn nicht schon adaptiert haben. Selbst international und multinational tätige Unternehmen setzen sich beherzt für das französische Modell ein. Gänzlich ungeplant sitzen sie mit Verbraucherschutzorganisationen in einem Boot und fragen sich gemeinsam, um wieviel besser ein nationaler Alleingang wohl aussehen kann, der in Abstimmung mit diversen Ressorts auf Bundesebene gerade entsteht.
Was macht den «Nutri-Score» so besonders? Was veranlasst Unternehmensgruppen einerseits und Verbraucherschutzorganisationen andererseits, sich so vehement für ein Kennzeichnungsmodell einzusetzen? «Die französische Nutri-Score Nährwertkennzeichnung stellt aktuell das intergenerative Optimum dar», sagt Prof. Dr. Ulrike Detmers, Gesellschafterin, Mitglied der zentralen Unternehmensleitung und Sprecherin der Mestemacher-Gruppe mit Sitz in Gütersloh. In einer detaillierten Begründung legt sie dar, weshalb sich die Großbäcker für den «Nutri-Score» entschieden haben. Der nachfolgende Bericht ist geeignet, anderen Unternehmen Details zu vermitteln, die zu einer Entscheidungsfindung beitragen können.
Nutri-Score ist aktuell das intergenerative Optimum
Das französische Nutri-Score-Label ist aktuell für Mestemacher das effizienteste System einer intergenerativen Nährwertkennzeichnung. Es fördert pädagogisch-didaktisch bewusste Ernährung zwischen den Generationen bereits bei Kita-Kindern. Mestemacher erhofft sich, dass Bundesministerin Julia Klöckner auch Vorschulkinder, Schulkinder, Jugendliche und junge Erwachsene bei ihrer geplanten Verbraucherbeurteilung alternativer Nährwertkennzeichnungen beteiligt.
«Die leicht zu erlernende Nährwertkennzeichnung Nutri-Score ist auch als Förderer bewusster Ernährungserziehung bereits im Kindesalter bestens geeignet. Schon Kita-Kinder im Vorschulalter sind kognitiv in der Lage, mittels Nutri-Score-Label bewusstes Ernährungsverhalten zu entwickeln. Auch wegen dieses nachhaltigen pädagogisch-didaktischen Nutzens, verfolgt Mestemacher weiter das Ziel, das Label auf Brotetiketten abzubilden,» sagt Detmers in ihrer Mitteilung.
Mestemacher gehört mit Danone, Iglo und Bofrost zu den Befürwortern einer europäisch einheitlichen Lösung anhand des französischen Nutri-Score-Labels.
«Bewusstes Ernährungstraining beginnt bereits bei Kita-Kindern,» hebt Detmers hervor. «In Frankreich sah ich über die Osterfeiertage das freiwillig zu verwendend Nutri-Score-Label bereits auf vielen Verpackungen von Nahrungsmitteln abgebildet,» ergänzt sie.
Vorschulkinder, Schulkinder und junge Erwachsene sollten mitreden dürfen
Kita-Kinder im Vorschulalter profitieren vom einfachen Kennzeichnungssystem Nutri-Score. Und als intergeneratives Mittel zur Ernährungserziehung gibt es für Mestemacher aktuell nichts besseres. Der Nutri-Score hilft Menschen unterschiedlichen Alters, sich bewusster zu ernähren. Julia Klöckners Entscheidung, als Bundesministerin die Modelle der Nährwertkennzeichnung des Bunds für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde (BLL), des in Frankreich entwickelten Nutri-Score-Systems und des noch im Entwicklungsprozess steckenden Modells des Max Rubner-Instituts (MRI) durch Verbraucher einem Best Practice Test zu unterziehen, bringt Mestemacher grundsätzlich Verständnis entgegen. «Vorschulkinder, Schulkinder und junge Erwachsene sollten beim Best Practice Test aber auch mitreden dürfen,» wünscht sich Prof. Dr. Ulrike Detmers.
2021 feiert Mestemacher den 150. Geburtstag. Bis zur Geburtstagsfeier zielt Mestemacher darauf ab, als Ernährungscoach etabliert zu sein. Bewusste Ernährungserziehung beginnt bereits bei Vorschulkindern. Aus diesem Grund soll das bewusste Ernährungstraining durch Mestemacher bereits Kriterien der Vorschul-Didaktik implementieren.
Mestemacher plant wie Danone, Iglo und Bofrost, das 2017 in Frankreich eingeführte «Nutri-Score- System» anzuwenden und auf der Verpackung sichtbar zu machen. Das System besteht aus einer fünfstufigen Farbskala mit Buchstaben von dunkelgrün «A» für die günstigste Nährwertbilanz bis zu dunkelorange oder rot mit einem «E» für die ungünstigste. Das zutreffende Feld wird dann auf der Packung größer hervorgehoben. Hersteller können das Logo freiwillig verwenden.
Die Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV) und die EU Öko-Verordnung sind Beispiele dafür, dass es gelingt, gemeinsames europäisches Recht zu verabschieden. Mestemacher hofft, dass das auch mit einer europaweit einheitlichen Lösung bei der Nährwertkennzeichnung gelingt. Detmers ist überzeugt: «Das französische Nutri-Score-Label ist aufgrund des intergenerativen Optimums in der pädagogisch-didaktischen Qualität dafür geeignet».
Anhang: BLL-Modell im Vergleich zum französischen Nutri-Score-Modell
Vereinfachte visualisierte Nährwertkennzeichnung nach dem französischen Nutri-Score-Modell (© FR).
BLL-Modell zur zusätzlichen, vereinfacht visualisierten Kennzeichnung von Energie und wesentliche Nährstoffen im Hauptsichtfeld von verpackten Lebensmitteln (© BLL).
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