Pasewalk / Neubrandenburg. (eb) «Besser als gedacht», so lässt sich das Ergebnis der Gläubigerversammlung zusammenfassen, die wie angekündigt am 12. August über die Zukunft des «Lila Bäckers» diskutierte und zu einem einstimmigen Ergebnis fand. 270 Filialen und 2.180 Mitarbeitende sollen erhalten bleiben. Das ist zwar weniger als die rund 2.450 Arbeitsplätze Stand Mai 2019 – doch immer noch mehr als die etwa 2.000 Arbeitsplätze und 252 Filialen, von denen Mitte Juni 2019 die Rede war.
Sie erinnern sich: Mit 446 Filialen und 2.700 Mitarbeitenden hatte das Unternehmen im Geschäftsjahr 2016 eine Größe und Ausdehnung erreicht, die es aus verschiedenen Gründen in 2017 nicht mehr halten konnte – was in der Folge Anfang 2018 zum Wechsel in der Geschäftsführung führte. Seither ist bei der Modernisierung kaum ein Stein auf dem anderen geblieben. Einerseits mag man im Nordosten bedauern, dass es Lila Backwaren jetzt nicht mehr an jeder Milchkanne gibt. Andererseits darf man in der strukturschwachen Region erleichtert sein, dass im Zuge der Existenzsicherung 80 Prozent der Arbeitsplätze und 60 Prozent der Filialen erhalten bleiben.
Wie in dieser Woche aus Neubrandenburg zu hören war, hat die Gläubigerversammlung länger gedauert als geplant. Das liegt einerseits vermutlich am Schuldenschnitt (70 Millionen Euro) und einer unterirdischen Quote (0,1 und 0,25 Prozent) für die Gläubiger. Wobei man einschränkend hinzufügn muss, dass einige Gläubiger ihre Forderungen doppelt angemeldet haben sollen. Die endgültigen Zahlen können sich also noch ändern. Was sich nicht ändert, ist die vielschichtige Verantwortung und wie man mit ihr in der Vergangenheit umgegangen ist. Naheliegend, dass der amtierende Insolvenzverwalter Prof. Dr. Torsten Martini alle Unterlagen der letzten zehn Jahren daraufhin prüfen und Regressansprüche dort geltend machen wird, wo sie berechtigt erscheinen.
Sie erinnern sich: Ende 2018 hatte die Lila-Bäcker-Geschäftsführung um Stefan Blaschak die alte Geschäftsführung angezeigt. Es stand der Vorwurf der Veruntreuung und Unterschlagung im Raum. Die Staatsanwaltschaft Schwerin durchsuchte Wohn- und Geschäftsräume von Mitgliedern der ehemaligen Geschäftsleitung. Der Verdacht, dass vor dem Wechsel der Geschäftsführung Gelder veruntreut und die Firmengruppe dadurch «in erheblichem Maß geschädigt» wurde, ist noch nicht abschließend geklärt. Daraus eventuell abzuleitende Ansprüche haben Einfluss auf die Dauer des Insolvenzverfahrens – von dem Torsten Martini Stand 12. August schätzt, dass es «eigentlich» Ende des Monats beendet werden könnte.
Nach der Genehmigung des Insolvenzplans kann die Großbäckerei nun eine Ausfallsicherung bei der Bürgschaftsbank des Bundeslands Mecklenburg- Vorpommern beantragen. Die Landesbürgschaft in Höhe von zehn Millionen Euro sorgte im Nordosten für viel Wirbel – vielleicht auch, weil dort einige Instrumente zur Sicherung von Arbeitsplätzen nicht so geläufig sind wie in anderen Regionen der Republik. Die Genehmigung der Ausfallsicherung wiederum ist die Voraussetzung, dass zwei Banken die Sanierung weiter finanzieren.
Abschließend lässt sich aus verschiedenen Quellen noch zusammentragen, dass die Geschäftsführung um Stefan Blaschak und Dr. Jan Markus Plathner im Amt bleibt. Analog zu Juni haben sich die Umsätze im Juli 2019 weiter erholt. Im August sogar «besser als erwartet» (Foto: Unser Heimatbäcker).
Frühere Berichte in diesem Zusammenhang
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