Hamburg. (ngg) Für die 10.000 Essenskuriere der yd.yourdelivery GmbH, eher bekannt als Lieferando.de, fordert die Gewerkschaft NGG einen Stundenlohn von 15,00 Euro und die Abkehr vom bisherigen Bonus-System – je mehr Zustellungen, desto mehr Bonus. Zum Auftakt der Verhandlungen hätten Lieferando-Beschäftigte aus ganz Deutschland vor der Firmenzentrale in Berlin demonstriert.
«Um den aktuellen, viel zu geringen Stundenlohn von 11 Euro zu übertreffen, müssen die Beschäftigten möglichst viele Bestellungen in möglichst kurzer Zeit ausliefern – was in der Praxis nur die wenigsten schaffen», sagt Christoph Schink. Der NGG-Referatsleiter spricht von einem System, das besonders Minijob- und Teilzeitkräfte benachteilige. Statt auf prekäre Bedingungen sollte das Unternehmen auf angemessene Bezahlung setzen. Dazu gehörten auch Zuschläge für die Arbeit an Feiertagen und Wochenenden.
Die NGG verweist auf die Geschäftszahlen des Unternehmens. Nach Angaben des niederländischen Mutterkonzerns Just Eat Takeaway steigerte die deutsche Tochter Lieferando ihren Umsatz im ersten Halbjahr 2021 auf rund 284 Millionen Euro – ein Plus von 76 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Der Gewinn stieg von 58 auf 94 Millionen Euro. «Während der Corona-Pandemie bestellen immer mehr Menschen Essen im Netz. Doch die Kuriere, die die warme Mahlzeit bis vor die Tür bringen, arbeiten am Limit», sagt Schink. Der von Lieferando kürzlich auf 11 Euro erhöhte Stundensatz sei besonders in den Großstädten zu niedrig, um in Zeiten steigender Mieten und Verbraucherpreise über die Runden zu kommen.
Faire Löhne seien zugleich entscheidend, um dringend gesuchtes Personal für den Liefer-Job zu finden, sagt die NGG. Aktuell sei die Fluktuation ziemlich hoch und verblieben die Fahrer/innen im Schnitt nur knapp sieben Monate beim Essenslieferanten. Mehr als die Hälfte von ihnen habe nur einen Minijob.
Nachtrag: Erst Anfang Januar dieses Jahrs kündigte Lieferando an, dass seine Kuriere Smartphones mit ausreichendem Datenvolumen sowie mehr Lohn erhalten und Fahrräder gestellt bekommen. Damit folgt der Lieferdienst einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 10. November 2021, Aktenzeichen 5.AZR.334/21 und 5.AZR.335/21). Demnach ist es Sache des Arbeitgebers, die für die Ausübung der Tätigkeit nötigen Betriebsmittel den Beschäftigten zur Verfügung zu stellen. Eine arbeitsvertragliche Regelung, die die Beschäftigten ohne finanziellen Ausgleich verpflichte, ihre eigenen Fahrräder und Mobiltelefone dafür zu nutzen, sei eine unangemessene vertragliche Gestaltung.
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