Sonntag, 6. Oktober 2024

Irrtum vermeiden: «Schnuppertage» sind keine Probearbeit

Mannheim. (bgn) Ein Arbeitsuchender, der in einem Unternehmen einen «Probearbeitstag» verrichtet und sich dabei verletzt, ist gesetzlich unfallversichert. Dies hat das Bundessozialgericht am 20. August 2019 entschieden (AZ:B2U1/18R). Was bedeutet das, wenn ein Arbeitgeber einem Stellenbewerber vorschlägt, ein paar Tage den künftigen Arbeitsplatz und den Betrieb kennenzulernen? Ist das Probearbeiten oder sind das «Schnuppertage», wie ein sogenanntes Einfühlungsverhältnis umgangssprachlich oft genannt wird? Ganz klar: Es kommt drauf an.

Probearbeit oder Einfühlungsverhältnis – beides gibt es, doch rechtlich sind es zwei Paar Schuh mit gravierenden Unterschieden: Probearbeiten ist meldepflichtig in der Sozialversicherung und gesetzlich unfallversichert. Ein Einfühlungsverhältnis ist weder meldepflichtig noch versichert. Ob es sich bei den Kennenlern-Tagen um die Schnuppertage handelt oder um Probearbeiten hängt davon ab, wie diese konkret ablaufen.

Beim Probearbeiten übernimmt der Bewerber auf Anweisung des Chefs betrieblich notwendige Arbeiten. Und damit handelt es sich um ein meldepflichtiges Arbeitsverhältnis, aus dem auch Anspruch auf Bezahlung entsteht. Bei einem Einfühlungsverhältnis weist der Arbeitgeber dem Schnupperkandidaten keine betrieblich notwendigen Arbeiten zu, die er allein und selbstständig erledigt. Seine Arbeitsleistung ist rein freiwillig und er muss keine bestimmten Arbeitszeiten einhalten. Auch auf Bezahlung hat er keinen Anspruch.

Mehr als geschnuppert? Schwarzarbeit!

Immer wieder wird vor Gericht gestritten, ob die vereinbarten Schnuppertage auch tatsächlich welche waren. Eine schriftliche Vereinbarung im Vorfeld kann deshalb hilfreich sein, rät die Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe (BGN). Darin sollte der Zeitraum des Einfühlungsverhältnisses eindeutig festgelegt sein. Außerdem sollte sie den Passus enthalten, dass keine Verpflichtung zur Arbeitsleistung besteht und auch kein Lohnanspruch. Im Streitfall entscheidend ist, dass sich alle an das in der Vereinbarung Festgeschriebene halten, also was tatsächlich getan wird und was nicht. Das gilt übrigens auch, wenn der Schnupperkandidat im Betrieb einen Unfall hat. Stellt sich heraus, dass er nicht nur geschnuppert, sondern auch auf Anweisung des Arbeitgebers gearbeitet hat, ist er gesetzlich unfallversichert. Der Arbeitgeber muss dann allerdings mit Regressforderungen der Berufsgenossenschaft rechnen, weil er das Arbeitsverhältnis nicht gemeldet und den Arbeitnehmer schwarz beschäftigt hat.