Freitag, 19. April 2024

Inventurdifferenzen: 60 Euro pro Jahr und Haushalt

Köln. (ehi) Die Rasierklingen verschwinden in der Jackentasche oder das Parfum in der Handtasche. «Im Handel wird nach wie vor gestohlen, was nicht niet- und nagelfest ist», erklärt Frank Horst, Sicherheitsexperte vom EHI Retail Institute aus Köln. «Trotz aufwändiger Präventivmaßnahmen summieren sich die Verluste in 2018 auf 4,3 Milliarden Euro.» Nach 4,1 Milliarden Euro in 2017 bedeutet das eine Steigerung von fast fünf Prozent, lautet ein Ergebnis der Studie «Inventurdifferenzen 2019».

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Eine Milliarde zu Lasten von Mitarbeitern

Von den 4,3 Milliarden Euro – branchengewichtete Hochrechnung für den gesamten deutschen Einzelhandel – entfallen rund 3,75 Milliarden Euro auf Diebstahl, davon rund 2,38 Milliarden Euro auf Diebstähle durch Kunden, den eigenen Mitarbeitern/innen werden gut eine Milliarde angelastet, und Lieferanten sowie Servicekräften werden 350 Millionen Euro an Warenverlusten im Jahr zugerechnet. Statistisch gesehen entfällt auf jeden Haushalt in Deutschland jährlich ein Warenwert von fast 60 Euro, der nicht bezahlt wird. Auf den Lebensmittelhandel projiziert bedeutet dies, dass nach wie vor rund jeder 200. Einkaufswagen unbezahlt die Kasse passiert. 560 Millionen Euro entstehen durch organisatorische Mängel wie falsche Preisauszeichnung oder nicht erfasster Bruch und Verderb.

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Der ehrliche Kunde zahlt mit

Bei der Mehrzahl der Studienteilnehmer haben sich die Inventurergebnisse in Prozentpunkten im Vergleich zu 2017 verschlechtert. Eine durchschnittliche Inventurdifferenz von 0,63 Prozent – bewertet zu Einkaufspreisen in Prozent vom Nettoumsatz – schmälert die Renditen im Einzelhandel erheblich. Bewertet zu Verkaufspreisen in Relation zum Bruttoumsatz entspricht dies in branchengewichteter Hochrechnung einem Wert von durchschnittlich 1,0 Prozent des Umsatzes. Hinzu kommen jährliche Ausgaben des Handels von rund 1,45 Milliarden Euro für Präventions- und Sicherungsmaßnahmen, um seine Waren vor Diebstählen zu schützen. Insgesamt gehen dem Handel damit durch Inventurdifferenzen und Investitionen in Sicherheitsmaßnahmen rund 1,34 Prozent seines Umsatzes verloren, die letztlich jeder Kunde mit bezahlt.

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Erneuter Rückgang der Ladendiebstahlsanzeigen

2018 sind die angezeigten Ladendiebstähle laut polizeilicher Kriminalstatistik um 4,1 Prozent zurückgegangen auf insgesamt 339.021 Fälle (Vorjahr 353.384). Während die Zahl der einfachen Ladendiebstähle seit 1997 nahezu kontinuierlich gesunken ist, haben sich schwere Ladendiebstähle in den letzten zwölf Jahren nahezu verdreifacht. Durch die hohe Dunkelziffer von über 98 Prozent besitzt die Statistik nur eine eingeschränkte Aussagefähigkeit. Aus dem durchschnittlichen Schaden aller angezeigten Diebstähle und dem tatsächlichen Schaden im Handel ergibt sich, dass jährlich rechnerisch über 23 Millionen Ladendiebstähle mit je einem Warenwert von 100 Euro unentdeckt bleiben.

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Datenbasis: An der aktuellen Untersuchung beteiligten sich 95 Unternehmen respektive Vertriebsschienen mit insgesamt 22.551 Verkaufsstellen, die einen Gesamtumsatz von rund 98,3 Milliarden Euro erwirtschaftet haben. Die durchschnittliche Verkaufsfläche der beteiligten Geschäfte beträgt 1.240 Quadratmeter (Grafiken: ehi.org).

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