Berlin. (boelw) Das Ergebnis der Haushaltsverhandlungen zwischen den Koalitionären in Bezug auf das Bundesprogramm ökologischer Landbau und andere Formen nachhaltiger Landwirtschaft (BÖLN) kommentiert Peter Röhrig, Geschäftsführer des Bunds Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW):
«Das BÖLN, mit dem Öko-Forschung finanziert wird, hat der Bundestag um fünf Millionen Euro aufgestockt, außerdem können BÖLN-Projekte künftig bis zu fünf Jahre laufen. Mit beiden Entscheidungen setzen die Abgeordneten des Bundestags ein wichtiges Signal für die Zukunft. Denn wer 20 Prozent Öko will, muss entsprechend in Forschung investieren und die Innovationskraft des Sektors stärken. Seit Jahren stagnierte die Öko-Forschungsfinanzierung und gingen zu kurze Projektlaufzeiten an der Praxis vorbei.
«Die Haushälter sorgen dafür, dass zumindest ein Teil der Steuergelder effektiv und effizient investiert wird, auf dem Weg zu einer innovativen und enkeltauglichen Landwirtschaft und Ernährung. Denn nur mit mehr Öko-Forschung können wir das volle Potenzial von Bio zur Bewältigung von Herausforderungen wie Klimakrise und Artensterben heben. Und auch auf lange Sicht gute Lebensmittel innerhalb der planetaren Grenzen produzieren.
«Die Mittel für die Bio-Forschung sind mit weniger als zwei Prozent der Gesamt- Agrarforschungsförderung auch nach der Erhöhung weiter viel zu knapp bemessen. Mit den Mitteln des BÖLN werden zudem zahlreiche Projekte der konventionellen Landwirtschaft gefördert.»
Hintergrund
Das Bundesprogramm ökologischer Landbau und andere Formen nachhaltiger Landwirtschaft (BÖLN) ist seit fast 20 Jahren das wichtigste Instrument zur Förderung ökologischer Innovationen. Bäuerinnen und Bauern, Verarbeitungs- und Handelsunternehmen aus der ökologischen Land- und Lebensmittelwirtschaft entwickeln in BÖLN-Projekten gemeinsam mit Forschungsinstitutionen Lösungen für eine nachhaltige Zukunft: von neuen Ansätzen für eine noch artgerechtere Tierhaltung oder den ökologischen Pflanzenschutz über innovative Verarbeitungsverfahren bis zu mehr Bio-Zutaten in Großküchen und Gastronomie.
Bisher waren Projektlaufzeiten im BÖLN auf maximal drei Jahre begrenzt. Gerade Projekte zur Züchtungsforschung oder der Verbesserung von Fruchtfolgen im Pflanzenbau brauchen aber längere Laufzeiten, um seriöse Ergebnisse produzieren zu können. Die ökologische Produktion setzt auf Wissen statt auf externe Inputs wie synthetische Dünge- oder Pflanzenschutzmittel, Gentechnik oder problematische Zusatzstoffe. Deshalb ist Forschung und Entwicklung für Bio besonders wichtig. Von 2002 bis 2010 war das «Bundesprogramm ökologischer Landbau» (BÖL) ausschließlich auf Innovationen im ökologischen Bereich konzentriert. 2011 wurde es um «andere Formen nachhaltiger Landwirtschaft» erweitert, seitdem fließt ein erheblicher Teil der Mittel in Projekte außerhalb der ökologischen Produktion. Der Etat des BÖL(N) unterlag immer wieder deutlichen Schwankungen, mit den jetzt beschlossenen 34 Millionen Euro erreicht das BÖLN 2020 wieder den Etat aus den Anfängen von 2002 (siehe Tabelle).
Die Hoheit über den Bundeshaushalt liegt beim Deutschen Bundestag, der mit seinen Beschlüssen der Bundesregierung detaillierte Vorgaben macht, wieviel Geld für welche Maßnahmen verwendet werden darf. Über «Verpflichtungsermächtigungen» kann der Bundestag der Bundesregierung die Möglichkeit geben, Gelder nicht nur für das aktuelle Haushaltsjahr (2021), sondern auch für Folgejahre investieren zu können. Damit legt das Parlament auch die Laufzeit von geförderten Projekten fest.
Übersicht: Finanzausstattung BÖL(N) seit 2002
Quelle: Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft und BÖLW-Erhebungen.
Haushaltsjahr | BÖL | BÖLN | Etat-Anteil für Öko-Projekte | |
2002 | BÖL | 34,8 | Mio.EUR |
2003 | BÖL | 36 | Mio.EUR |
2004 | BÖL | 20 | Mio.EUR |
2005 | BÖL | 20 | Mio.EUR |
2006 | BÖL | 20 | Mio.EUR |
2007 | BÖL | 16 | Mio.EUR |
2008 | BÖL | 16 | Mio.EUR |
2009 | BÖL | 16 | Mio.EUR |
2010 | BÖL | 16 | Mio.EUR |
2011 | BÖL | BÖLN | 16 (11,5) | Mio.EUR |
2012 | BÖLN | 16 (10,4) | Mio.EUR |
2013 | BÖLN | 17 (10,2) | Mio.EUR |
2014 | BÖLN | 17 (8,2) | Mio.EUR |
2015 | BÖLN | 17 (7,2) | Mio.EUR |
2016 | BÖLN | 17 (6,7) | Mio.EUR |
2017 | BÖLN | 20 (9,7) | Mio.EUR |
2018 | BÖLN | 30 (8,1) | Mio.EUR |
2019 | BÖLN | 30 (13,2) | Mio.EUR |
2020 | BÖLN | 28,85 (18,1) | Mio.EUR |
2021 | BÖLN | möglicherweise über 30 | Mio.EUR |
WEITERE THEMEN AUS DIESER RUBRIK FÜR SIE:
- Too Good To Go: liefert jetzt auch bis an die Haustür
- Lavash, Naan + Co.: Backen Sie doch mal Weltkulturerbe
- Jetzt im Handel: «Gutes aus deutscher Landwirtschaft»
- Forschungsprojekt: Alte Getreide-Landsorten lohnen sich
- Holunderbeeren: Wertvolle Inhaltsstoffe vom Wegesrand
- Fermentieren für Anfänger: Salzmöhren mit Chili
- Produktion von alkoholfreiem Bier mehr als verdoppelt
- BMEL: Der Trend zu Öko setzt sich auf schwächerem Niveau fort
- Trotz gegenteiligem Rat: Ampel verabschiedet Agrarpaket
- Lebensmittelverband: begrüßt Ausbau von lebensmittelwarnung.de
- NRI: Bemühungen der Lebensmittelwirtschaft könnten besser sein
- BMEL: Rechtsgutachten zur Vermeidung von Lebensmittelabfällen
- DGE: veröffentlicht neue Position zu veganer Ernährung
- BZfE: Snack-Ideen für die Fußball-Europameisterschaft
- BMEL: Bundestag beschließt Änderung des Düngegesetzes
- Nachhaltig einkaufen zwischen Wunsch und Wirklichkeit
- Fleischersatz: 2023 stieg die Produktion um gut 16%
- NRI: Weiter zu viel Zucker, Fett und Salz in Umlauf
- Nutri-Score: Unternehmen und Verbände sollen mehr Gehör finden
- RWI: Ernährungstipps und Empfehlungen oft ohne Wirkung