Düsseldorf. (vdg / eb) Die Jahrespressekonferenz 2018 des Verbands Deutscher Großbäckereien (VDG) in Frankfurt am Main wäre wohl kaum ohne Blick auf die schlechte Getreideernte dieses Jahrs ausgekommen und die Dynamik, die sich daraus für die Beteiligten an der Wertschöpfungskette ergeben kann. Oder anders herum: Auf Produzentenseite erhöhen sich die Kosten, so dass zum Jahresende tatsächlich die Preise für Brot und Gebäck leicht steigen können. Die Ernte 2018 wird auch, aber wenig dazu beitragen.
Wie berichtet man von herausragenden Ereignissen im Berichtsjahr für eine Branche oder ein Branchensegment, wenn sich die bekannten Tendenzen kontinuierlich fortsetzen? Strukturdaten sind das Eine, deren Deutung das Andere. Apropos Strukturdaten: Die finden Interessenten unter dem Titel «Die Marktanteile verschieben sich weiter» und natürlich gehören die mittelgroßen und großen Brot- und Backwarenhersteller zu den Profiteuren. Wo der Appetit auf Brot und Gebäck kaum nachlässt, die Zahl der Betriebe aber kontinuierlich sinkt, steigt unter dem Strich der Umsatz je Betrieb.
Mainstream setzt sich ungehindert fort
Entgegen der Prognosen mancher Marktversteher neigt der Mainstream der bundesdeutschen Verbraucher und Verbraucherinnen weiterhin zunehmend zum «One-Stop-Shopping» – dem Aufsuchen immer weniger Einkaufsorte bei etwa gleichbleibenden Konsumausgaben und daher volleren Tüten. Beim Shoppen sind die Deutschen gut organisiert und es ist nur eine Frage der Zeit, wann der Einfluss der Internetnutzung soweit messbar ist, dass wir ihn an dieser Stelle berücksichtigen müssten.
Convenience ist nach wie vor ein starkes Thema
Vom Verbraucherverhalten zu immer mehr Bequemlichkeit, zu dem auch der skizzierte Mainstream gehört, können Großbäckereien gut profitieren – sofern der Handel nicht schon selbst bäckt. Mit Bequemlichkeit meint der Verband natürlich auch – oder zuvorderst – conveniente Produkte. «Der Brotmarkt ist aktuell und künftig durch Bequemlichkeit und Zeitgewinn sowie Spezialisierung gekennzeichnet», sagt VDG-Präsidentin Prof. Dr. Ulrike Detmers dazu. Dafür macht sie folgende Ursachen aus:
- die Zunahme des Außer-Haus-Verzehrs
- die wachsende Mobilität der Bevölkerung
- die Reisefreudigkeit der Deutschen, die internationale Brotspezialitäten bei Umsatz und Absatz beflügelt.
- Die ethnische Vielfalt, die in Deutschland wächst, fördert die Nachfrage nach orientalischen Broten, italienischen Broten wie zum Beispiel Focaccia und Pagnotta für Antipasti.
- Die steigende Doppelerwerbstätigkeit in Partnerschaften und Familie mit knapper Zeit zum Kochen.
Wie werden sich die Konsumenten in Zukunft verhalten?
Gehen wir noch weiter ins Detail, erkennen wir zunehmend einen «homo diffusus». Der breite sich mit flexiblen Konsumplänen und entsprechendem Verhalten als Marktteilnehmer auf der Nachfrageseite zunehmend aus und könne die Branche vor entsprechend neue Herausforderungen stellen, sagte Verbandspräsidentin Detmers in Frankfurt: «Der ‘homo diffusus’ ist unter anderem das Ergebnis der individualisierten Gesellschaft mit vielfältigen Lebenswelten und Szenen. Intellektuelle Großstadt-Eliten, top gebildet, beruflich erfolgreich, gut verdienend, geben auch bei Food-Trends immer stärker den Ton an. Diese Top-Eliten leben in Paarbeziehungen mit oder ohne Kinder, sponsern sich gegenseitig zum Optimieren von Work-Life-Balances».
Werte dieser modernen Kunden, aber auch traditioneller Kunden sind demnach:
- Keine Zusatzstoffe, vegetarisch, vegan, Bio, ohne Gentechnik, regional, Fairtrade, UTZ Certified: Das sind wichtige Werte des heute und morgen für Nachhaltigkeit und Natürlichkeit.
- Zeit zählt mit, leicht zu handhaben, easy cooking, schnell zubereitet, zum Mitnehmen, Lieferservice, portioniert.
- Anti-Aging durch Gesundheitsorientierung und Ernährung mit Ballaststoffreichtum, Zucker- und Salz reduziert, reich an natürlichem Protein zum Muskel-und Knochenaufbau, reich an Magnesium, reich an Kalium, ohne Zuckerzusatz.
Das gehört mit zur Quintessenz der Branchenbetrachtung 2018: Auch wenn die Konsolidierung der Branche weiter fortschreitet und der durchschnittliche Konsument (trotz gegenteiliger Beteuerungen) kaum darauf reagiert, gibt es immer noch und immer wieder Chancen, Trends aktiv aufzugreifen und zu gestalten – unabhängig von der Betriebsgröße und Spezialisierung (Foto: pixabay.com).