Wageningen / NL. (mfs) Der Europäische Gerichtshof hat mangels eines europäischen Rechtsrahmens einen Gerichtsbeschluss veröffentlicht, der es Lebensmittelherstellern erlaubt, im Kampf gegen Listerien auf Lebensmitteln weiter Bakteriophagen einzusetzen.
Werden Phagen, die speziell Listerien abtöten, bei der Herstellung von Lebensmitteln eingesetzt, können sie verhindern, dass sich die tödlichen Keime ausbreiten. Eine vorsorgliche Maßnahme, die Leben retten kann: Listerien-Ausbrüche in Spanien, Deutschland, Österreich, der Schweiz und den Niederlanden haben in den letzten Monaten zu Hunderten Erkrankungen und sogar zu Todesfällen und Fehlgeburten geführt.
Die Ausbrüche haben zudem gezeigt, dass sich selbst bei Produkten, die im Hinblick auf geltende Grenzwerte für Listerien, als «sicher» eingestuft werden, die Bakterien nach der Lagerung im Supermarkt oder zu Hause so stark vermehren können, dass sie eine Gesundheitsgefahr darstellen.
Während Lebensmittelhersteller für eine ausreichende Hygiene verantwortlich sind, fehlen ihnen oft die Instrumente, um natürlich vorkommende Listerien in den Griff zu bekommen. Die Nachfrage nach Innovationen und zusätzlichen Maßnahmen für die Sicherheit unserer Lebensmittel ist also groß. Chemische Dekontaminations- oder Konservierungsmittel werden von vielen Verbrauchern abgelehnt, weil sie das menschliche Mikrobiom, einen wichtigen Bestandteil unseres Immunsystems, beeinträchtigen können. Phagen dagegen bekämpfen gezielt nur die gefährlichen Bakterien. Absurderweise hat ausgerechnet die Tatsache, dass sie natürlich und innovativ sind und dadurch in keines der bestehenden Schemata passen, ihre Akzeptanz in Europa erschwert.
Prof. Martin Loessner, Mikrobiologe an der ETH Zürich: «Unabhängige wissenschaftliche Untersuchungen haben in den letzten 15 Jahren immer wieder bestätigt, dass Phagen unbedenklich sind und eine einfache und doch elegante Möglichkeit darstellen, Listerien auf unseren Nahrungsmitteln zu beseitigen.» In den USA ist Listex als erstes Phagenprodukt gegen Listerien bereits im Jahr 2016 als «grundsätzlich sicher» (GRAS) bewertet und von der FDA als Verarbeitungshilfsstoff zugelassen worden. Seither sind Phagen auf allen Kontinenten ein wichtiges Vorsorgeinstrument der Industrie.
Zudem hat Listex, das von dem niederländischen Biotech-Unternehmen Micreos Food Safety hergestellt wird, zahlreiche Branchenpreise gewonnen. Darunter den Innovationspreis «Food Ingredients Europe Gold Award». Doch während die Technologie als europäische Innovation weltweit anerkannt ist, wurde ausgerechnet in Europa selbst die Anwendung des Produkts durch Unsicherheiten bei der Regulierung erschwert. Mit dem Beschluss des Europäischen Gerichtshofs wird diese Unklarheit nun behoben: Listex kann verwendet werden, um zu verhindern, dass sich Listerien in der Endphase der Produktion so stark vermehren, dass sie gefährlich werden.
Laut Prof. Frank Devlieghere, Mikrobiologe an der Universität Gent, ist die Beseitigung von Listerien mit den üblichen Maßnahmen selbst unter strengsten Hygienevorschriften und Qualitätskontrollen nahezu unmöglich. Besonders bei Fertigprodukten besteht das Risiko einer Listerien-Kontamination, da diese normalerweise vor dem Verzehr nicht erhitzt werden. Auch im Hinblick auf solche Produkte belegen zahlreiche wissenschaftliche Artikel von Universitäten auf der ganzen Welt die Wirksamkeit von Listex. Ein Ergebnis, das auch die Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) bestätigt.
Abgeordnete des Europäischen Parlaments wenden sich daher mit dem dringenden Appell an die Europäische Kommission, eine spezifische EU-Phagenverordnung zu entwickeln. Bis eine solche Verordnung verabschiedet ist, können sich Lebensmittelhersteller, die Bakteriophagen einsetzen wollen, auf den Beschluss des Europäischen Gerichtshofs berufen und so europäische Verbraucher besser vor Listerien schützen (Quelle: Micreos Food Safety).
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