Freitag, 29. März 2024
20200228-BISTRO

Digitalisierung: 67 Prozent der Betriebe erwarten neutrale Hilfe

Bremerhaven. (eb) Wer noch Zweifel hegen wollte an der digitalen Variante der Belegausgabepflicht, findet in einem Schreiben des Bundesfinanzministeriums (BMF) vom 28. Mai 2020 Hinweise darauf, dass die letzten Ungereimtheiten nun geklärt sind: Nach einer Erprobungsphase passen die technisch möglichen Varianten und der Verordnungstext nunmehr zusammen.

Allerdings hatte das BMF nie einen Zweifel daran gelassen, dass es mit Blick auf die Belegausgabepflicht auf den digitalen Kassenbon setzt. Der schnellen Reaktion und Kreativität der Software- und Kassenbranche ist zu verdanken, dass schon kurz nach dem Jahreswechsel 2019/2020 diverse Varianten zur Verfügung standen. Analog dazu hatte die Parlamentarische Staatssekretärin BMF Sarah Ryglewski sinngemäß betont, dass der Gesetzgeber keine Eingriffe plant, sondern der Kreativität und der sich abzeichnenden Vielfalt bei der Entwicklung elektronischer Belege ihren Lauf lassen wollte.

Der massive Widerstand gegen die Belegausgabepflicht, teilweise mit allen Mitteln geleistet, erscheint in diesem Zusammenhang besonders unverständlich. Die große Energie, die zum Jahreswechsel 2019/2020 verwendet wurde, um den Status Quo zu erhalten – oder noch besser das Rad zurück zu drehen – vermissen wir jetzt in einer Zeit, die angesichts der Covid-19-Pandemie geprägt ist von Innovationssprüngen und dynamisch fortschreitender Digitalisierung.

Zur Erinnerung: Handwerkskammern und Verbände müssen die Betriebe stärker bei der Digitalisierung des operativen Geschäfts unterstützen. Das meinen 67 Prozent der Handwerker, die der Digitalverband Bitkom und der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) im Januar und Februar 2020 befragten. Die Umfrage ist repräsentativ. Verkürzt formuliert: 67 Prozent der Innungsmitglieder (und Beitragszahler) wünschen sich Antworten für die Zukunft und können mit dem Brumborium, das sich zum Jahreswechsel 2019/2020 abspielte, herzlich wenig anfangen.

Energisch wollen wir noch der Vorstellung entgegenwirken, Digitalisierung erschöpfe sich im Austausch analoger Kippschalter. Wer sich fortgeschrittene Softwarelösungen genau ansieht stellt fest, dass sich das Mindset ändert – die Denkweise von und Einstellung zu Prozessen. Moderne Software folgt nicht mehr zwingend nur bekannten Prozessen. Digitalisierung heißt, dass sich tradierte Verfahren von heute auf morgen in Luft auflösen können, weil neue Lösungen plötzlich bislang unbekannte Optionen eröffnen. Gerade im Handwerk wird man diese Dynamik teilweise als Umkehrung der Logik verstehen. Andererseits wird diese Entwicklung kaum aufzuhalten sein, weil sie auf allen Ebenen mit über den Wettbewerb entscheidet.

Zukunftsfähigkeit steht und fällt mit digitalen Systemen, in die ein Betrieb investiert oder nicht. Ungeahnte Risiken tun sich auf, weil diese Investitionen nie nur monetär zu betrachten sind, sondern immer auch die gesamte Struktur betreffen. Die Digitalisierung des operativen Geschäfts kostet Zeit und Aufmerksamkeit. Wenn also 67 Prozent der Handwerker erwarten, dass sie in diesem Prozess – der mit über ihre Zukunft entscheidet – mehr Unterstützung von Handwerkskammern und Verbänden erfahren, dann liegt das möglicherweise daran, dass sie nicht wissen, wo sie die Zeit und die neutrale Expertise hernehmen sollen. Wieviel Prozent der Handwerkskammern und Verbände entsprechen den Erwartungen ihrer Mitglieder?

Zurück zur Belegausgabepflicht und dem digitalen Kassenbon. Das eingangs erwähnte BMF-Schreiben vom 28. Mai 2020 trägt den etwas sperrigen Titel: «Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen vom 22. Dezember 2016; Änderung des Anwendungserlasses zu Paragraf 146a» Abgabenordnung. Hier zum Download und nachfolgend zur Ansicht.

20200528-BMF-146A-AO.
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