Lahr. (ots) Der für viele Medien, Hersteller und Verbraucher scheinbar zu den Akten gelegte Diesel-Abgasskandal erlebt derzeit sein Comeback. Das Verwaltungsgericht Schleswig hat am 20. Februar 2023 das Software-Update zum VW-Skandalmotor EA189 kassiert (Az.: 3 A 113/18). Beim Update handelt es sich um ein Thermofenster, das die Abgasreinigung abhängig von der Außentemperatur regelt, also ausschaltet. Beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) steht am 21. März zudem ein richtungsweisendes Urteil an ( Az: C-100/21). Möglicherweise werden damit die Hürden für erfolgreiche Verbraucherklagen erheblich gesenkt. Zudem haben die sogenannten Bosch-Papers neue Indizien geliefert, dass die Automobilindustrie die Manipulation von langer Hand plante. Die Chancen auf Schadensersatz seien durch die Entwicklungen der letzten Monate gestiegen. Die Kanzlei Dr. Stoll + Sauer rät Betroffenen zur kostenlosen Erstberatung.
Was bedeuten die Entwicklungen im Abgasskandal?
Das Urteil des Verwaltungsgerichts Schleswig hat weitreichende Folgen. Dabei spielt es keine Rolle, dass das Gericht die Revision zugelassen hat und natürlich das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) im Verbund mit VW diese nutzen wird. Das KBA hatte das Software-Update 2016 genehmigt, damit die VW-Diesel wieder über eine Zulassung für den Straßenverkehr verfügten. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hatte gegen den Genehmigungsbescheid geklagt. Nach der Aufdeckung des VW-Skandals im Herbst 2015 hatte die Behörde Rückrufe für die VW-Fahrzeuge erlassen.
Das Gericht in Flensburg folgte mit seinem Urteil der Leitlinie des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Der hatte in mehreren Urteilen klar zum Ausdruck gebracht, dass Abschalteinrichtungen generell unzulässig, sprich illegal seien. Das von Autoherstellern zu Verteidigung vorgebrachte Motorschutz-Argument ließen die obersten Richter nicht gelten. Vor diesem Hintergrund ist schwer vorstellbar, dass die nächsten Instanzen den Fall anders interpretieren könnten wie das Verwaltungsgericht Schleswig. Zumal sogar der Bundesgerichtshof (BGH) auf ein grundlegendes Urteil des EuGH am 21. März 2023 wartet, um selbst neue Leitlinien im Abgasskandal festzulegen.
Welche Folgen hat das Urteil für Hersteller, Behörden und Verbraucher?
- Auch wenn sich das Urteil auf ein Update zu einem VW-Golf bezieht, wird es Auswirkungen auf andere VW-Modelle haben. Denn das Software-Update haben beinahe alle EA189-Motoren der Abgasnorm Euro 5 von VW erhalten.
- Auch andere Hersteller verwenden das Thermofenster – auch in Fahrzeugen mit der Abgasnorm Euro 6. Deshalb hat die Deutsche Umwelthilfe weitere 118 Klagen am Verwaltungsgericht gegen Typgenehmigungen des KBA eingereicht. Aus Sicht der DUH ist es an der Zeit, nun alle Dieselfahrzeuge mit Thermofenstern zurückzurufen. Die Autobauer müssten dazu verpflichtet werden, keine Thermofenster mehr zu verwenden. Andernfalls sei es notwendig, die Pkw aus dem Verkehr zu ziehen und die Kunden zu entschädigen. Die DUH kündigte bereits an, gegen alle weiteren Diesel der Abgasstufen Euro 5, 6a und 6b von Volkswagen, Audi sowie ausländischer Dieselhersteller etwa aus Italien und Frankreich vorzugehen.
- Letztlich werden wohl nach dem Abschluss der Verfahren die Dieselmotoren mit Thermofenster ohne gültige Zulassung auf den Straßen unterwegs sein.
- Das Gericht hat das KBA außerdem dazu verurteilt, gegen Volkswagen wegen der Entfernung der Abschalteinrichtungen tätig zu werden. Die Behörde kann nun nicht mehr die Hände in den Schoß legen, sondern ist gezwungen zu handeln.
- Hier könnten neue Rückrufe anstehen, und die Gefahr von Stilllegungen steigt. Das gilt für alle gängigen Fahrzeughersteller, die Thermofenster zum Einsatz bringen, wie beispielsweise VW, Mercedes, Opel, BMW, Fiat, Porsche, Audi und Toyota.
- Mit Spannung wird in diesem Zusammenhang auch das Urteil des EuGH am 21. März 2023 in einem Mercedes-Fall erwartet. Der Generalanwalt hat im Sommer 2022 in seinen Schlussanträgen klar gemacht, dass er dafür ist, die Hürden für eine erfolgreiche Klage gegen die Autohersteller zu senken. Der Bundesgerichtshof erwartet von den Klägern den Nachweis des sittenwidrigen und vorsätzlichen Handelns der Hersteller. Dem EuGH-Generalanwalt genügt fahrlässiges Handeln. Und das lässt sich leichter Nachweisen. Folgt der EuGH dem Generalanwalt in seinem Urteil – was er in den vergangenen Diesel-Verfahren stets getan hat – dann wird die bisherige BGH-Rechtsprechung auf den Kopf gestellt. Und die Hürden gegen die Hersteller erfolgreich zu klagen, werden deutlich tiefer gehängt.
- Die Entwicklungen der vergangenen Monate lassen die Chancen der Verbraucher auf Schadensersatz enorm ansteigen. Daher rät die Kanzlei Dr. Stoll + Sauer vom Abgasskandal betroffenen Verbrauchern, sich anwaltlich beraten zu lassen. Geschädigte müssen durch die Folgen und Auswirkungen des Abgasskandals mit enormen Geldeinbußen kämpfen: Ihnen drohen Fahrverbote, Stilllegungen und Wertverluste, sofern sie die Ansprüche nicht rechtzeitig vor Gericht geltend machen. Verbraucher sollten eine Individualklage erheben. Die Chancen stehen nach aktueller Rechtsprechung sehr gut. Im kostenfreien Online-Check lässt sich der richtige Weg aus dem Dieselskandal herausfinden. Wir prüfen Ihren konkreten Fall und geben Ihnen eine Ersteinschätzung, bevor wir uns auf ein gemeinsames Vorgehen gegen den Autobauer einigen.
Die Bosch-Papers: Wende im Diesel-Abgasskandal
Zu diesen verbraucherfreundlichen Entwicklungen vor Gericht kommen noch die von der DUH veröffentlichten Bosch-Papers. Aus den Dokumenten geht klar hervor, dass alle Hersteller beim Automobilzulieferer Abschalteinrichtungen bestellt haben, um die gesetzlichen Abgasnormen zu umgehen. Bosch hat die Hersteller darauf hingewiesen, dass die Abschalteinrichtungen nicht regelkonform sind. Hier kurz zusammengefasst die Bosch-Papers:
- Seit 2006 hat die Automobilindustrie die Abgasmanipulation geplant. 44 der sogenannten illegalen Abschalteinrichtungen wurden nachweislich bei Bosch bestellt.
- Bosch hat die Hersteller über die Illegalität der Software informiert. Nicht nur VW, Mercedes, Audi, Porsche, Opel und BMW haben Software zur Abgasmanipulation bei Bosch bestellt, auch Fiat und Toyota gehörten zur Kundschaft.
- Selbst bei den scheinbar sauberen AdBlue-Motoren manipulieren die Hersteller die Abgasreinigung.
- Damit ist offensichtlich die komplette Dieselflotte auf deutschen Straßen illegal unterwegs. Ihnen müsste die Fahrerlaubnis entzogen werden – die Stilllegung droht.
- Und noch etwas hat sich herausgestellt: Die Autobauer manipulieren mit Hilfe einer Software auch Benzinmotoren.
- Ein weiterer spannender Aspekt: Bosch soll darauf hingewiesen haben, dass der Einbau behördlich abgesprochen werden müsse, weil er illegal sei. Ob und wie die Absprachen ausgesehen haben könnten, müsse jetzt genau geklärt werden. Aus Sicht der Kanzlei Dr. Stoll + Sauer muss der Abgasskandal in jedem Fall neu aufgerollt und die Rolle des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) und des Bundesverkehrsministeriums neu bewertet werden.
Fazit: Die Automobilindustrie verkauft seit 16 Jahren nicht genehmigungsfähige Fahrzeuge. Die Verbraucher sind aus Sicht der Kanzlei Dr. Stoll + Sauer nach BGB §826 sittenwidrig und vorsätzlich geschädigt worden. Die Fahrzeuge sind ihr Geld nicht wert. Den Verbrauchern steht Schadensersatz zu.
Bei der Kanzlei Dr. Stoll + Sauer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH handelt es sich um eine der führenden Kanzleien im Diesel-Abgasskandal. Mit der Expertise von 37 Anwälten und Fachanwälten steht die Kanzlei in allen wichtigen Rechtsgebieten den Mandanten in den Standorten Lahr, Stuttgart, Kenzingen und Ettenheim zur Verfügung. Die Kanzlei ist unter anderem auf Bank- und Kapitalmarktrecht sowie den Abgasskandal spezialisiert. Hinzu kommen die Themen Arbeits-, IT-, Versicherungs-, Reise-, Sozial-, Arbeits-, Verkehrs- und Verwaltungsrecht. Die Gesellschafter Dr. Ralf Stoll und Ralph Sauer führten die Musterfeststellungsklage gegen die Volkswagen AG, handelten für 260.000 Verbraucher einen 830-Millionen-Vergleich aus. Aktuell führen die Inhaber in einer Spezialgesellschaft die Musterklage gegen die Mercedes-Benz Group AG.
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