Donnerstag, 18. April 2024

Bundesbank: Die Anzeichen für eine Rezession mehren sich

Frankfurt / Main. (dbb) Die Fachleute der Deutschen Bundesbank sehen immer mehr Anzeichen dafür, dass die deutsche Wirtschaft in eine Rezession rutscht. Darunter verstehen sie einen deutlichen, breit angelegten und länger anhaltenden Rückgang der Wirtschaftsleistung. Das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) dürfte im laufenden Quartal etwas zurückgehen und im Winterhalbjahr deutlich schrumpfen, heißt es im aktuellen Monatsbericht der Bundesbank. Als Grund dafür führen die Ökonominnen und Ökonomen vor allem die äußerst angespannte Lage bei der Energieversorgung aufgrund des russischen Krieges gegen die Ukraine an. «Die hohe Inflation und die Unsicherheit in Bezug auf die Energieversorgung und ihre Kosten beeinträchtigen dabei nicht nur die gas- und stromintensive Industrie sowie deren Exportgeschäfte und Investitionen, sondern auch den privaten Konsum und die davon abhängigen Dienstleister.»

Angespannte Lage bei der Gasversorgung

Die Bundesbank rechnet damit, dass die Lage bei der Gasversorgung in den kommenden Monaten äußerst angespannt bleibt. Eine formale Rationierung von Gas könne aus heutiger Sicht dank der höheren Lieferungen aus anderen Ländern und der Fortschritte bei Einsparungen und Gaseinspeicherungen aber gerade noch vermieden werden, so die Fachleute. «Dafür ist jedoch eine weitere, erhebliche Minderung des Gasverbrauchs notwendig – insbesondere auch bei den privaten Haushalten.» Für das vierte Quartal dieses Jahres und auch für das erste Quartal des kommenden Jahres rechnen die Ökonominnen und Ökonomen mit einem merklichen Rückgang der Wirtschaftsleistung. Der Ausblick sei jedoch ausgesprochen unsicher.

Industrieproduktion gesunken

Die hohen Energiekosten hätten die energieintensiven Sektoren belastet, schreiben die Fachleute im Monatsbericht. So sei die Produktion der Chemischen Industrie stark zurückgegangen. Auch die Herstellung von Konsumgütern habe deutlich abgenommen, besonders betroffen seien die Produzenten von Möbeln sowie die Pharmaindustrie gewesen. Der industrielle Auftragseingang sei wegen der sinkenden Inlandsnachfrage im Juli weiter rückläufig gewesen. Die Bauproduktion habe sich trotz stark nachlassender Nachfrage noch robust gezeigt und habe im Juli 1 ½ Prozent über dem Vormonat gelegen. Gleichzeitig sieht die Bundesbank Vorboten für eine Verschlechterung der Lage im Bausektor. Die Produktion im Bauhauptgewerbe habe merklich nachgelassen und die massiv erhöhten Baukosten und -preise sowie gestiegene Finanzierungskosten hätten die Nachfrage kräftig abgeschwächt.

Arbeitsmarkt bleibt widerstandsfähig

Trotz der sich verschlechternden konjunkturellen Aussichten zeigt sich der Arbeitsmarkt nach Einschätzung der Bundesbank weiter widerstandsfähig. Die Beschäftigung sei im Juli moderat gewachsen. Dies sei vor allem auf die Besetzung sozialversicherungspflichtiger Stellen zurückzuführen. Gleichzeitig sei die Arbeitslosigkeit im August leicht um 0,1 Prozentpunkte auf 5,5 Prozent gestiegen. Grund für den Anstieg sei, dass ukrainische Geflüchtete seit Juni dieses Jahres im deutschen Sozialversicherungssystem erfasst würden. Die Fachleute rechnen damit, dass die Arbeitslosigkeit in den nächsten Monaten weiter steigt.

Inflation steigt erneut

Die Inflationsrate, gemessen am Harmonisierten Verbraucherpreisindex, sei im August im Vergleich zum Vorjahr auf 8,8 Prozent gestiegen und habe damit um 0,3 Prozentpunkte über der Rate vom Juli gelegen. Vor allem Preissteigerungen bei unverarbeiteten Nahrungsmitteln hätten diese Entwicklung verursacht. Aber auch bei den verarbeiteten Nahrungsmitteln, sowie bei Industriegütern und Dienstleistungen habe sich die starke Preisdynamik fortgesetzt, sagen die Fachleute. Mit dem Auslaufen des Neun-Euro-Tickets und des Tankrabatts zum 1. September 2022 sei es bei Benzin und Diesel zu Preissprüngen gekommen. Dies würde im laufenden Monat zu erneuten Preissteigerungen bei Energie und Dienstleistungen führen und die Inflationsrate entsprechend erhöhen, schreiben die Ökonominnen und Ökonomen. «Die angekündigten Maßnahmen des dritten Entlastungspakets, etwa zur Gasumlage oder Strompreisbremse, werden sich dagegen wohl erst Anfang des nächsten Jahres in den Verbraucherpreisen niederschlagen. Die Inflationsrate dürfte unter dem Strich in den nächsten Monaten in den zweistelligen Bereich vorrücken.»

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