Freitag, 29. März 2024

Brot- und Qualitätsweizen fehlen: Mühlen warnen vor Engpässen

Berlin. (vgms) Derzeit sei es schwierig bis nahezu unmöglich Getreide mit passenden Qualitäten in ausreichenden Mengen zu beschaffen. «Und wenn wir Getreide kaufen können, können wir es nicht transportieren,» sagt Michael Gutting, Müller und Präsidiumsmitglied des Verbands der Getreide-, Mühlen- und Stärkewirtschaft (VGMS). So einen Getreidemarkt habe er in seinem gesamten Berufsleben noch nicht erlebt. Obwohl das Preisniveau auf den Getreidemärkten ausgesprochen hoch ist, kann der Getreidehandel die Nachfragen nach Getreide nicht ausreichend bedienen. Die Gründe dafür sind vielfältig. Marktkenner raten dazu, sich spätestens jetzt um die langfristige Beschaffung der Rohstoffe für die kommenden Monate zu kümmern, um Versorgungsengpässe im Frühjahr noch abzuwenden.

Eine unterdurchschnittliche Ernte mit extrem heterogenen Qualitäten in Deutschland, vor allem aber schlechte Ernten in wichtigen Anbauregionen in der Welt, führen zu extrem turbulenten Getreidemärkten. Die Preise für Getreide steigen und erreichen inzwischen historische Höchststände. Fehlende Mengen und Qualitäten in anderen Ländern machen das Exportgeschäft mit Qualitätsweizen derzeit sehr attraktiv. Die deutschen Drittlandexporte an Weichweizen summieren sich bisher auf rund 1,07 Millionen Tonnen – gut doppelt so viel wie im Vorjahreszeitraum.

Zudem fehlt es überall an Transportkapazitäten. Weder LKW noch Schiffe seien zu bekommen, wie nahezu alle Mitgliedsunternehmen berichten. «Wir sehen massive Versorgungsengpässe, die Situation ist in der gesamten Logistik überaus heikel und ein Nadelöhr in der Rohstoffbeschaffung wie bei der Belieferung der Kunden,» sagt VGMS-Geschäftsführer Peter Haarbeck.

Obwohl die Kosten für sämtliche Rohstoffe, Energie und Logistik oder auch für Verpackungsmaterialien drastisch gestiegen sind, scheint der Ernst der Lage noch nicht bei allen Marktpartnern angekommen zu sein. So würden gestiegene Rohstoffpreise und Kosten weiterhin ignoriert. Offenbar wird auf eine sich entspannende Lage spekuliert. Gutting sagt dazu: «Wir können bei der derzeitigen Situation am Markt für die Kunden erst Rohstoffe einkaufen und produzieren, wenn Bestellungen zu den an die aktuelle Situation angepassten Preisen vorliegen. Alles andere ist unternehmerischer Selbstmord.»

Derzeit sei nicht abzusehen, wie sich der Markt entwickele. Branchenexperten prophezeiten, dass das Getreide in diesem Jahr dort hinfließen werde, wo die höchste Zahlungsbereitschaft besteht. Und das sei derzeit nicht der deutsche Markt, betont der VGMS (Foto: pixabay.com).


Nachtrag: Auf welche Propheten sich der VGMS bezieht, ist uns nicht bekannt. Wie auch immer: Es braucht keine Glaskugel, um die bekannte Dynamik von Angebot und Nachfrage zu sehen. Viele Direktkunden unter den backenden Betrieben werden (hoffentlich) rechtzeitig Lieferkontrakte mit ihren Mühlen geschlossen haben – so dass steigende Rohstoffpreise noch nicht sofort ein Thema sind. Andere Betriebe werden sich teilweise eine eigene Lieferkette aufgebaut haben «von der Aussaat bis zum Mehlsilo». Jedenfalls ist die Gewohnheit, sich bei der Rohstoffbeschaffung allein auf den Fachgroßhandel zu verlassen, mit steigenden Risiko behaftet. Wie in der Vergangenheit schon mehrfach betont, wird die Rohstoffsicherung für Bäckereien immer wichtiger werden und die unternehmerische Kreativität zunehmend fordern – meint Ihre WebBaeckerin.

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