Berlin. (bmel) Energieintensive Betriebe des Lebensmittelhandwerks wie etwa Bäckereien, Metzgereien und Brauereien sollen künftig vom Energiekostendämpfungsprogramm (EKDP) der Bundesregierung profitieren. Dafür plädieren das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) sowie das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). Hierzu laufen nun entsprechende Gespräche mit anderen Ressorts, um eine einheitliche Position in der Bundesregierung zu erzielen.
Nach den Corona-bedingten Einbußen ist das Lebensmittelhandwerk durch die aktuell explodierenden Energie- und Rohstoffpreise erneut wirtschaftlich massiv unter Druck geraten. Bislang waren die Betriebe im Rahmen des Energiekostendämpfungsprogramm nicht antragsberechtigt, weil sie nicht einer in der sogenannten KUEBLL-Liste vermerkten Branche zugerechnet werden konnten.
Dazu erklärt Bundesminister Cem Özdemir (BMEL): «Ich bin meinem Kollegen Robert Habeck für seinen Einsatz für das Lebensmittelhandwerk sehr dankbar. Unser gemeinsames Ziel ist es, Vielfalt und Stärke der handwerklichen und mittelständischen Lebensmittelverarbeitung in Deutschland zu erhalten und zu fördern. Putin wird es mit seinem verbrecherischen Angriffskrieg nicht schaffen, die Ukraine in die Knie zu zwingen, und mit seinem Energiekrieg wird er unser Lebensmittelhandwerk nicht kaputtmachen. Um es klar zu sagen, ein Putin bestimmt nicht darüber, wer bei uns im Land Brötchen backt und wer nicht.»
Die handwerkliche Herstellung von Lebensmitteln hat in Deutschland einen besonderen Stellenwert und eine lange Tradition. Sie bildet eine entscheidende Grundlage für eine ausgewogene Ernährung und ist eine wichtige Säule für die regionale Wirtschaft. Aufgrund der Inflation achten die Verbraucher jedoch momentan auf jeden Euro, den sie sparen können. Im Wettbewerb mit Supermärkten und Discountern können handwerkliche Betriebe wie etwa Bäckereien oder Metzgereien ihre gestiegenen Nebenkosten nicht einfach weitergeben, weil sie sonst riskieren, dass ihre Kundschaft nach Alternativen sucht.
Özdemir: «Mich haben in den letzten Wochen viele Schreiben unter anderem von Bäckereien, Brauereien oder Fleischereien erreicht, die ihre teils dramatische Lage geschildert haben. Für viele geht es da um ihre wirtschaftliche Existenz, manche stehen nach jahrzehntelanger Arbeit vor der Betriebsaufgabe. Es ist deshalb eine gute Nachricht an die Branche, dass auch diese mittelständischen Betriebe jetzt vom Energiekostendämpfungspaket profitieren sollen. Schließt ein Betrieb erst einmal, macht er im Zweifelsfall nicht mehr auf – und das gilt es in jedem Fall zu verhindern. Das Lebensmittelhandwerk gibt vielen Menschen Arbeit und es bereichert Gemeinden, Städte und Regionen mit seinen hochwertigen Produkten.»
Zum Lebensmittelhandwerk zählen etwa Bäcker, Konditoren, Fleischer/Metzger oder Brauer. Die Mehrzahl der Unternehmen machen Bäckereien und Fleischereien/Metzgereien aus. Das Bäckerhandwerk umfasst fast 10.000 Betriebe mit insgesamt 241.000 Mitarbeitenden und macht einen Gesamtumsatz von rund 14,89 Milliarden Euro. Dem Fleischerhandwerk werden fast 11.200 Betriebe mit rund 133.400 Mitarbeitenden zugerechnet und setzt jährlich 17,57 Milliarden Euro um.
Özdemir: «Wichtig sind jetzt schnelle Hilfen, damit die Betriebe weitermachen können. Es braucht jetzt eine unbürokratische Umsetzung, die die Strukturen gerade auch von Kleinst- und Kleinbetrieben berücksichtigt. Ich bin zuversichtlich, dass wir zeitnah eine gute Lösung vorstellen können.»
Bislang hat das Lebensmittelhandwerk in der Regel nicht vom EKDP profitiert, da die meisten Betriebe die Hilfskriterien nicht erfüllen. Im Rahmen des dritten Entlastungspakets hat die Bundesregierung ankündigt, weiteren Unternehmen mit Hilfe erweiterter Kriterien Unterstützung zu gewähren. Beim Energiekostendämpfungsprogramm, das vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) umgesetzt wird und in die Zuständigkeit des BMWK fällt, handelt es sich zwar um ein gezieltes Hilfsprogramm für energieintensive Unternehmen. Allerdings nur für solche, die im internationalen Wettbewerb stehen und die Anforderungen der KUEBLL-Liste der Europäischen Kommission (Leitlinien für Klima-, Energie- und Umweltbeihilfen) erfüllen. In der KUEBLL-Liste wurde datenbasiert untersucht, welche Wirtschaftssektoren gleichzeitig energie- und handelsintensiv sind. Dazu gehören zum Beispiel Dauerbackwaren (unter anderem Kekse), nicht aber Backwaren (unter anderem Frischbrot), und zwar unabhängig von der Betriebsgröße. Damit waren die meisten handwerklichen Bäcker nicht vom EKDP umfasst. Gleiches galt etwa auch für Metzgereien, die nicht im internationalen Wettbewerb stehen.
Kommentar: Typisch Özdemir …
Typisch Özdemir: Nachdem die Argumente ausgetauscht sind, der demokratische Entscheidungsprozess klar und die nun folgenden Schritte erwartbar, wagt sich auch der Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) aus der Deckung und stellt sich nachträglich in die erste Reihe. Ein Mann der Offensive ist der »Sicherheitsmensch« Cem Özdemir nicht und war in der Auseinandersetzung um das Energiekostendämpfungsprogramm (EKDP) bis heute keine Hilfe. Das sollte man sich merken im Lebensmittelgewerbe, egal ob Handwerk oder Industrie (Foto: BMEL – Julian Rettig – Photothek).
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