Bonn. (ble) Weizen ist die wichtigste Getreideart für deutsche Landwirte. Die unterdurchschnittlichen Niederschlagsmengen im April 2020 folgen dem Trend der letzten Jahre und zeigen, dass auch in Deutschland der Anbau unseres wichtigsten Brotgetreides zunehmend von Dürre beeinträchtigt wird. Eine Forschungsallianz, zu der neben drei deutschen Pflanzenzüchtungsunternehmen auch die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft sowie das Julius Kühn-Institut zählen, hat sich zum Ziel gesetzt, Weizen an das sich ändernde Klima anzupassen und dürretoleranter zu machen. Das jetzt aufgenommene Projekt Tertius wird vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) über die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) als Projektträger gefördert.
Wurzeln spielen entscheidende Rolle
Die Wasseraufnahme durch die Wurzeln spielt für die Dürretoleranz eine wesentliche Rolle. Hier ist der Roggen mit seinem hoch entwickelten Wurzelsystem mehr als nur Vorbild. «Weizen war ursprünglich mit Roggen vergesellschaftet,» weiß Dr. Bernd Hackauf vom JKI. «In solchen Pflanzengesellschaften kommt es unter natürlichen Bedingungen immer wieder zu Kreuzungen zwischen den nah verwandten Arten», so der Züchtungsforscher aus Groß Lüsewitz. In der Tat tragen weltweit zahlreiche Weizensorten Abschnitte im Genom, die vom Roggen stammen und nachweislich für eine bessere Wurzelausbildung verantwortlich sind.
Weizen für Klimawandel fit machen
Solche Erbinformationen sind von besonderem Interesse für das Projekt Tertius. «Diese Anleihe vom Roggen ist auch im aktuellen Zuchtmaterial nachweisbar und bietet deshalb eine große Chance, Weizen für den Klimawandel fit zu machen. Beobachtungen unter den extremen Witterungsbedingungen 2018 und 2019 zeigen, dass ein vergleichsweise kleiner genetischer Abschnitt des Roggengenoms ein Schlüssel dazu ist, die Dürretoleranz des Weizens zu erhöhen», so Hackauf weiter.
Allerdings wird die Nutzung dieser Anleihe oft durch weitere aus dem Roggen übertragene Gene beeinträchtigt, die sich negativ auf die Verarbeitungsqualität des Weizens auswirken. Ziel der Züchtungsforscher vom JKI und ihrer Partner ist es deshalb, gewünschte von unerwünschten Eigenschaften zu trennen. Die Arbeiten in Tertius profitieren von einem wissenschaftlichen Durchbruch, den das Internationale Konsortium für die Sequenzierung des Roggengenoms (International Rye Genome Sequencing Consortium) kürzlich erzielen konnte, indem es das Erbgut des Getreides umfassend charakterisiert hat. Laut Hackauf ermöglichen die nun vorliegenden genetischen Baupläne für Roggen und Weizen eine sehr viel schnellere und präzisere Nutzung züchterisch wichtiger Eigenschaften.
Leuchtturmprojekt im Handlungsfeld Pflanzenzüchtung
Tertius ist das Leuchtturmprojekt im Handlungsfeld Pflanzenzüchtung des BMEL-Diskussionspapiers zur Ackerbaustrategie 2035. «Auf dem Weg zur Landwirtschaft der Zukunft ist der tertiäre Genpool des Weizens, zu dem der Roggen zählt, eine bislang wenig erforschte pflanzengenetische Ressource. Tertius besitzt daher auch auf internationaler Ebene Signalwirkung im Hinblick auf die Entwicklung von züchterischen Strategien zur Bekämpfung des Welthungers», erklärt der Präsident des JKI, Prof. Dr. Frank Ordon. Tertius wird als Beitrag Deutschlands in das globale Netzwerk AHEAD (Alliance for Wheat Adaption to Heat and Drought) integriert, dem Motto der internationalen Weizen-Initiative entsprechend «Together, we are creating future wheat!».
Hintergrundinformation
Um der zukünftigen Nachfrage nach Weizen gerecht zu werden, sind innovative Ansätze und globale Kooperationen zur Entwicklung klimaangepasster Sorten erforderlich. Die im August 2018 veröffentlichte Förderbekanntmachung von Innovationen zur Züchtung leistungsfähiger Weizensorten im Zeichen des Klimawandels komplettiert eine 2013 vom BMEL begonnene Initiative zur Förderung der intensiven Bearbeitung aktueller und komplexer Fragestellungen. Die BLE koordiniert als Projektträger die Forschungen im BMEL-Programm zur Innovationsförderung. Auf Grundlage einer fachlichen Bewertung durch ausgewiesene Experten wurden elf von insgesamt 21 eingereichten Skizzen als förderwürdig eingestuft. Nachdem erste Projekte bereits im Herbst 2019 ihre Arbeit aufnahmen, folgte das Projekt Tertius am 01. April 2020 (Foto: pixabay.com).
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