Karlsruhe / Bonn. (nw) Bio-Bäckereien punkten mit traditionellen Herstellungsverfahren und hochwertigen Rohstoffen aus ökologischem Anbau. Aber wie viele Bio-Bäckereien gibt es hierzulande eigentlich? Und wie groß ist der Umsatz, den das Bäckerhandwerk mit dem Verkauf von Bio-Produkten generiert? Dank einer groß angelegten BÖLN-Studie der AMI liegen hierzu nun Zahlen vor.
Der Biomarkt wächst kontinuierlich. 2017 ist der Umsatz über die Marke von zehn Milliarden Euro in Deutschland gestiegen. Rund 60 Prozent der mit Ökolebensmitteln erzielten Verkaufserlöse entfallen auf den Lebensmittel- Einzelhandel (LEH), weitere 30 Prozent auf den Naturkost- Fachhandel und die restlichen zehn bis fünfzehn Prozent auf sonstige Verkaufsstätten. Zu denen zählt – neben dem Versandhandel, Wochenmärkten und Hofläden – das Lebensmittelhandwerk. Doch anders als im LEH ist bisher kaum untersucht, wie Bio im Bäckerhandwerk positioniert ist.
Im Rahmen des Bundesprogramms Ökologischer Landbau und andere Formen nachhaltiger Landwirtschaft (BÖLN) haben Ökomarktexperten der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft mbH (AMI) nun erstmals Zahlen zu Bio-Bäckereien erhoben und Bio-Bäcker befragt. Danach gibt es in Deutschland 601 Bio-Bäckereien und Bäckereien mit einem Bio-Teilsortiment. Das bedeutet, dass nur etwa jede 20. Bäckerei in Deutschland bio-zertifiziert ist. Überdies sind diese Bäckereien regional sehr ungleichmäßig verteilt: Wer in Bayern lebt und Bio-Backwaren direkt beim Bäcker kaufen will, wird am ehesten fündig. Denn mehr als ein Drittel aller Bio-Bäckereien sind dort zu finden und rund 20 Prozent in Baden-Württemberg. In Niedersachsen sind es 67 Bio-Bäckereien, dicht gefolgt von Nordrhein-Westfalen mit 64 Betrieben. Hinzu kommen 22 Bio-Bäckereien in Berlin und fünf in Hamburg.
Biomarktexperten sind sich allerdings darin einig, dass es insgesamt weit mehr sein dürften. Denn zum einen ist nicht jeder, der Bio-Backwaren herstellt und vermarktet, in der Handwerksrolle eingetragen. Zum anderen sind Geschäfte, die neben ihrem konventionellen Angebot lediglich einige Bio-Produkte verkaufen, oftmals nur schwer zu ermitteln. Daher haben die AMI-Experten 20 Prozent dazugerechnet, woraus sich ein Schätzwert von 721 Bio-Bäckereien in Deutschland ergibt. Das sind trotzdem deutlich weniger, als die Marktexperten vor Beginn ihrer Studie geschätzt hatten.
Jahresumsatz von Bio-Bäckereien
Laut Zentralverband des deutschen Backhandwerks belief sich der gesamte Jahresumsatz des Bäckerhandwerks 2017 auf 14,48 Milliarden Euro, der durchschnittliche Umsatz einer Bäckerei lag bei 1.256.000 Euro. Nach den Berechnungen der AMI erzielte eine Bio-Bäckerei 2017 im Schnitt einen Bio-Umsatz von rund 650.000 Euro, ein Plus von 4.000 Euro gegenüber dem Vorjahr. Dabei fällt auf: Die Bandbreite klafft hier weit auseinander, angefangen von 10.000 Euro bis hin zu sieben Millionen Euro. Während 18 Betriebe jeweils bis zu 50.000 Euro pro Jahr verdienten, brachten es sechs Bio-Bäckereien auf einen Jahresumsatz von über 1,5 Millionen Euro.
Hochgerechnet auf die Gesamtheit der Bio-Bäckereien ergibt sich daraus ein Jahresumsatz von 469 Millionen Euro im Jahr 2017. Allerdings basieren die hier genannten Umsatzzahlen auf den Angaben von nur 54 Bio-Bäckereien. Nicht eingeflossen sind hier unter anderem die Umsätze der zwei größten Bio-Bäckereien in Deutschland. Allein diese beiden dürften nach Einschätzung der AMI-Marktexperten den gesamten Bio-Umsatz im Bäckerhandwerk deutlich erhöhen. Gleichzeitig gibt es bei den Bäckereien weit häufiger als im Fleischerhandwerk konventionelle Betriebe mit einem meist kleinen Bio-Angebot, das nur einen Teil des Betriebsumsatzes ausmacht. Hinzu kommt, dass viele Bio-Bäckereien – weitaus mehr als konventionelle Bäckereien – einen erheblichen Teil ihres Umsatzes mit dem Wiederverkauf ihrer Produkte erzielen, in Norddeutschland schätzungsweise bis zu 50 Prozent ihres Umsatzes.
Was bringt den meisten Umsatz?
Längst machen Bäckereien ihren Umsatz nicht mehr allein mit Backwaren. Das gilt auch für Bio-Bäckereien, wie aus der AMI-Befragung hervorgeht. Danach machen Brot und Backwaren gut 44 Prozent des gesamten Bio-Umsatzes aus, gefolgt von Trockenprodukten mit 27 Prozent. Gastronomische Angebote wurden für mehr und mehr Bio-Bäckereien ein interessantes Zusatzgeschäft. Zehn Prozent machen die Bistroeinnahmen am gesamten Geschäftsumsatz aus. Zudem entwickeln sich mehr und mehr Bio-Bäckereien in Richtung Naturkost- Fachhandel. Alle Produkte des täglichen Bedarfs sind häufig Teil des Geschäftssortiments.
Mit Qualität punkten
Auch wenn die Datenlage noch lückenhaft ist, können Bäcker nun dank der AMI-Studie den Markt und die Konkurrenzsituation deutlich besser einschätzen. Ob sich eine Bio-Bäckerei erfolgreich am Markt positionieren kann, hängt nach Einschätzung der befragten Bio-Bäcker von vielerlei Faktoren ab: Neben dem Bewusstsein der Kunden für Bio zählen die Qualität der Produkte und die Glaubwürdigkeit der Bäckerei. Das zeigt, dass die Kernkompetenz nach wie vor im Mittelpunkt steht. Natürlich spielen auch Standortfaktoren wie die Wettbewerbssituation vor Ort eine Rolle, doch auch die generelle Marktentwicklung und der bereits schon seit längerem deutlich spürbare Fachkräftemangel im Bäckerhandwerk.
Die Studie heißt: «Mehr Transparenz auf dem deutschen Bio-Markt – Verbesserung der jährlichen Marktschätzung unter besonderer Berücksichtigung des Lebensmittel- Einzelhandels und der ‘sonstigen Einkaufsstätten’», zu finden auf orgprints.org (Text: Nina Weiler – Foto: pixabay.com).
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