|
Mettingen. (04.09. / mri) Wie im WebBaecker 35/2012 kurz gemeldet, hatte es sich Ludwig-Eugen Vogt, Geschäftsführer der «Meisterbäckerei - 100 Jahre Backkultur GmbH» aus Mettingen, noch einmal überlegt und zum zweiten Mal im Monat August Insolvenz angemeldet. Das wirft Fragen auf. Die Kanzlei Meyer Rechtsanwälte Insolvenzverwalter (MRI), vom Amtsgericht Münster bestellt, hat in der Zwischenzeit eine ausführliche Stellungnahme zum Vorgang abgegeben, die wir Ihnen wie folgt - ungekürzt - nicht vorenthalten wollen:
«Das Amtsgericht Münster hat Herrn Rechtsanwalt und Fachanwalt für Insolvenzrecht Stefan Meyer (Münster) durch Beschluss vom 16. August 2012 zum vorläufigen Insolvenzverwalter über das Vermögen der "Meisterbäckerei - 100 Jahre Backkultur GmbH" bestellt. Ein erster Insolvenzantrag vom 08. August 2012 war von der Geschäftsführung wieder zurückgenommen worden. Die Rücknahme erfolgte, weil ein Hauptgläubiger sich nach den Darstellungen der Geschäftsführung zunächst bereit erklärt hatte, eine erforderliche Überbrückungsfinanzierung vorzunehmen, um die anstehenden Lohn- und Gehaltszahlungen durchführen zu können. In den Finanzierungsverhandlungen kam es zu Verzögerungen, so dass der Geschäftsführer Vogt zur Sicherung der Löhne- und Gehälter und insgesamt zur Sicherung der Sanierungsmöglichkeiten erneut Insolvenzantrag gestellt hat.»
«Bei dem Unternehmen mit (Haupt-) Sitz in Mettingen handelt es sich um einen traditionellen Bäckereibetrieb, der auf eine 100-jährige Tradition zurückblicken kann. Die Unternehmung wurde bis zum Jahr 2009 als Einzelunternehmung geführt und ist bis heute in der Region als Bäckerei Bosse bekannt. Erst in den letzten Monaten ist der neue Markenname "Meisterbäckerei- 100 Jahre Backkultur" entwickelt worden.»
«Die Meisterbäckerei - 100 Jahre Backkultur GmbH betreibt heute am Standort in Mettingen (Produktionsstandort) eine Großbäckerei sowie in der Region rund 30 eigene Verkaufsfilialen (unter anderem Mettingen, Hörstel, Hopsten, Laggenbeck, Püsselbüren, Rheine, Westerkappeln, Spelle, Salzbergen, Lotte-Wersen, Georgsmarienhütte, Osnabrück). Die in Mettingen produzierten Backwaren werden nicht nur in eigenen Filialstandorten, sondern auch über anderen Verkaufsstellen (= Kunden) extern vertrieben. Die Meisterbäckerei - 100 Jahre Backkultur GmbH beschäftigt aktuell rund 300 Mitarbeiter (291).»
«Ein wesentlicher Grund für die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Gesellschaft sind nach heutigen Erkenntnissen Liquiditätsengpässe, nachdem aus der Veräußerung von Filialstandorten der fällige Kaufpreis aufgrund juristischer Meinungsverschiedenheiten nicht fristgerecht vereinnahmt werden konnte. Daneben gibt es seit mehr als zwei Jahren tiefgreifende gerichtliche Auseinandersetzungen zwischen der aktuellen Gesellschafterin und dem damaligen Inhaber des bis 2009 einzelkaufmännisch geführten Unternehmens.»
«Die Geschäftsführung der Meisterbäckerei - 100 Jahre Backkultur GmbH führt das Unternehmen in enger Abstimmung mit dem vorläufigen Insolvenzverwalter am Produktionsstandort Mettingen und an sämtlichen Filialstandorten uneingeschränkt fort; sämtliche Mitarbeiter werden weiter beschäftigt.»
«In den Verhandlungen ist es kurzfristig gelungen, wesentliche Lieferanten (besonders auch den Hauptlieferanten) für die weitere Geschäftsbetriebsfortführung zu gewinnen und damit die tägliche Belieferung der Produktion mit den notwendigen Rohwaren zu sichern. Die Lieferanten der Meisterbäckerei - 100 Jahre Backkultur GmbH - davon kommen auch einige aus der Region - haben dem vorläufigen Insolvenzverwalter und der Geschäftsführung in den letzten Tagen signalisiert, den beabsichtigten Sanierungs- und Restrukturierungsprozess im Rahmen des Insolvenzverfahrens bestmöglich unterstützen zu wollen.»
«Die Lohn- und Gehaltszahlungen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind bis auf weiteres durch Insolvenzgeldzahlungen der Agentur für Arbeit gesichert, so dass die Mitarbeiter sich zunächst keine Sorgen machen müssen.»
«Gemeinsames Ziel des Geschäftsführers Vogt und des vorläufigen Insolvenzverwalters sowie der Mitarbeiter im Unternehmen ist die Darstellung einer dauerhaften und nachhaltigen Sanierungs- und Restrukturierungslösung. Möglicherweise ist vorliegend auch eine Eigensanierung durch Insolvenzplan denkbar. Das Unternehmen, die Produktion (modernisiert und räumlich verändert), die Filial- / Verkaufsstellen und die vielen Arbeitsplätze sollen jedenfalls mit gemeinsamen Kräften aller Beteiligten erhalten bleiben.»
«Rechtsanwalt Meyer hierzu: "Die Sanierungschancen können in dem derzeitigen Verfahrensstadium natürlich noch nicht belastbar beurteilt werden. Eine Reihe positiver Signale von den Lieferanten, den Banken, den Arbeitnehmern und anderen Verfahrensbeteiligten bieten allerdings eine sehr gute Basis für die Umsetzung von nachhaltigen Restrukturierungs- und Sanierungsmaßnahmen. Auf Basis der bislang gewonnenen Erkenntnisse bin ich gegenwärtig optimistisch, gemeinsam mit der Geschäftsführung Lösungen für die Zukunft zu finden. Entscheidend wird sicherlich sein, ob es gelingt, die sehr verhärteten Fronten zwischen dem Altinhaber und den derzeitigen Gesellschaftern mit den Mitteln der Insolvenzordnung zu klären. Aufgrund von gerichtlich angeordneten Vollstreckungsverboten können jedenfalls keine Fakten geschaffen werden und es sind im Rahmen des Insolvenzverfahrens die Möglichkeiten zu erneuten Gesprächen geebnet, um die ich mich zu gegebener bemühen werde. Die weitere Unterstützung durch die Lieferanten, aber besonders auch durch hochmotivierte Mitarbeiter wird gerade in den nächsten Wochen von maßgeblicher Bedeutung sein, um unseren Kunden eine uneingeschränkt gute Qualität anzubieten. Die Kunden und deren Kaufverhalten sind unzweifelhaft das 'A+O des unternehmerischen Erfolgs'. Wir hoffen gemeinsam, dass die Kunden der Meisterbäckerei GmbH mit seinen vielen Arbeitsplätzen weiterhin die Treue halten. Unser Ziel besteht darin, dass am Ende des Sanierungsprozess und damit auch am Ende des Insolvenzverfahrens an einem modernen und effizienten Produktionsstandort, Backprodukte höchster Qualität hergestellt werden, die in einem profitablen Filialsystem, im Direktvertrieb und in SB-Systemen verkauft werden".» (Quelle: mri)
|
