Mailand / IT. (26.07. / gtai) Italien hat die meisten Bio-Betriebe in Europa und die zweitgrößte Anbaufläche für biologische Produkte. Aber nicht nur als Erzeuger ist das Land interessant - etwa ein Drittel des Umsatzes entfällt auf Exporte - auch der Inlandsmarkt wächst mit zweistelligen Raten. Der Branche kommt zugute, dass der italienische Konsument traditionell hohe Ansprüche an die Qualität von Lebensmitteln stellt. Preisunterschiede von 20 bis 30 Prozent,verglichen mit herkömmlichen Produkten schrecken nicht ab, die Rentabilität der Branche wird als gut bezeichnet - berichtet Germany Trade and Invest (GTAI).
Der italienische Markt für Bioprodukte wächst mit zweistelligen Raten und ist nach Angaben des Marktforschungsinstituts Ismea der fünftgrößte Markt weltweit, nach den USA, Deutschland, Frankreich und Großbritannien. Noch größere Bedeutung hat Italien bei Anbau und Herstellung von Bioprodukten. Das Land nimmt nach der Anzahl der Produzenten die Nummer eins und in Bezug auf die Anbaufläche hinter Spanien die Nummer zwei in Europa ein. Für deutsche Unternehmen der Branche hat Italien sowohl als Lieferland wie als Absatzmarkt eine herausragende Stellung.
Nach den Erhebungen des Ismea, der jährlich eine detaillierte Umfrage bei den Unternehmen der Bionahrungsmittel-Branche durchführt, ist der Markt für verpackte Bioprodukte 2010 in Italien um 11,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr gewachsen, frisches Obst und Gemüse aus Bio-Anbau konnten um 6,3 Prozent zulegen. Angesichts der rückläufigen Absatzentwicklung bei Lebensmitteln insgesamt (minus 0,3 Prozent) und einer Steigerungsrate von lediglich 2,1 Prozent bei Lebensmitteln mit zertifiziertem Qualitätsstandard (DOP-IPG) überrascht das Wachstumstempo und die Branche rechnet trotz rückläufiger Kaufkraft auch für die nächsten Jahre mit zweistelligen Zuwachsraten.
Preissteigerungen sind kein Problem
Die Umfrage von Ismea hat zudem ergeben, dass Preissteigerung 2010 ohne Probleme an den Verbraucher weitergegeben werden konnten und die Rentabilität der Branchenunternehmen sich positiv entwickelt hat. Auch eine Preisdifferenz von 20 bis 30 Prozent zu herkömmlichen Lebensmitteln, wie sie in Italien üblich ist, kann die Nachfrage nach Bioprodukten nicht bremsen. Damit wird abermals die Erkenntnis untermauert, dass die Preiselastizität der Nachfrage nach Nahrungsmittel in Italien gering ist, Qualität eine wichtige Rolle spielt. Das Marketing von Bio-Kost profitiert zusätzlich von einer breitangelegten Verbrauchererziehung. In italienischen Schulkantinen müssen die Mahlzeiten nach staatlicher Verordnung auf biologisch angebauten Produkten basieren. Das fördert einmal den Absatz selbst (etwa eine Million biologische Schulmahlzeiten werden täglich ausgegeben) und steigert zum anderen die Akzeptanz von Bioerzeugnissen in breiten Bevölkerungskreisen.
Biobranche setzt drei Milliarden Euro jährlich um
In der Biobranche werden nach Aussage von Enrico De Ruvo von Ismea insgesamt etwa drei Milliarden Euro jährlich umgesetzt, davon rund 900 Millionen Euro im Export. Der Anteil von Bioprodukten am italienischen Lebensmittelumsatz insgesamt erreicht aber erst knapp zwei Prozent. Die Sinab, eine Unterorganisation des Landwirtschaftsministeriums zur Information über den Bio-Anbau in Italien, zählt knapp 49.000 aktive Unternehmen in der Branche, davon mehr als 40.000 landwirtschaftliche Betriebe, die exklusiv biologisch anbauen, 5.200 ländliche Zubereitungsbetriebe (einschließlich Direktverkauf), 2.500 Verarbeitungsbetriebe, 56 Importeure die exklusiv Bio-Kost einführen und 204 Importeure von biologischen Vorprodukten, die im eigenen Betrieb verarbeitet werden. Die Anbaufläche wird mit 1,1 Millionen Hektar angegeben, das entspricht etwa zehn Prozent der gesamten landwirtschaftlichen Anbaufläche in Italien.
Der Süden produziert, der Norden konsumiert
Der Anbau von Bioprodukten konzentriert sich auf Süditalien, die Toskana und das Latium in Mittelitalien und auf die Emilia Romagna in Norditalien. Die größten Anbauflächen haben die Regionen Sizilien, Apulien und Basilikata aufzuweisen, auch Kalabrien und die Insel Sardinien sind auf Bio-Anbau spezialisiert. Im Süden sind auch die meisten Bioanbaubetriebe zu finden, während die meisten Verarbeitungsbetriebe für die Toskana ausgewiesen werden. Das stärkste Wachstum war 2010 sowohl in Bezug auf die Betriebe als auch auf die Anbaufläche in Apulien mit ca. 50 Prozent gegenüber dem Vorjahr zu verzeichnen. Ein Viertel der biologischen Agrarfläche in Italien wird für den Weizenanbau genutzt, ein weiteres Viertel entfällt auf Weideflächen (einschließlich Magerweiden), auf 16 Prozent wird Grünfutter angebaut und 13 Prozent sind mit Olivenbäumen bepflanzt. Daneben werden Obst und Gemüse, Zitrusfrüchte, in wachsendem Umfang auch Wein, biologisch kultiviert.
Zwar liegen die Hauptanbaugebiete im Süden Italiens, die Konsumzentren aber sind im Norden zu finden, hier werden mehr als 70 Prozent aller verpackten Bio-Produkte verkauft. Die größte Dynamik ist im Nordosten (Venetien, Venedig) und im Süden mit Wachstumsraten von über 20 Prozent im Jahr 2010 zu verzeichnen, allerdings hat der Süden bisher nur einen Anteil von acht Prozent am gesamten italienischen Absatz von verpackten Bio-Produkten. Alle Absatzwege des Einzelhandels, einschließlich Direktverkauf vom Erzeuger (vor allem in sogenannten Agriturismo-Betrieben, die Gäste beherbergen) werden für den Verkauf von Bio-Produkten genutzt. Besonders starke Wachstumsraten verzeichneten 2010 der traditionelle Einzelhandel, der generell in Italien noch ein weitaus stärkeres Gewicht im Lebensmittelsektor hat als in Deutschland, die Hypermärkte und die Discounter.
Absatzkanäle und Eigenmarken
Die Internetplattform Biobank registriert 1.132 Bio-Einzelhandelsläden in Italien. Die etablierten Super- und Hypermarktketten, wie Carrefour (scelgi bio), Coop (vivi verde) Esselunga (BIO), CONAD (Il Biologico) und Gurppo Standa-Billa (si!), haben eigene Bio-Marken entwickelt, die sie in gesonderten Abteilungen ihrer Märkte anbieten. Außerdem hat sich mit NaturaSi eine unabhängige Bio-Supermarktkette etablieren können. Die Nutzung des Internets ist in Italien noch nicht so verbreitet wie in anderen europäischen Ländern, doch Biobank weist insgesamt 132 E-Commerce-Plattformen aus, die auf Bio-Produkte spezialisiert sind.
Die Konsumentenstruktur, von Ismea ermittelt, birgt wenig Überraschungen. Etwa 40 Prozent des Absatzes von Bioprodukten wird von Konsumenten nachgefragt, die überdurchschnittlich verdienen, aber immerhin 28 Prozent von solchen die unter dem Durchschnittseinkommen liegen (Ismea schlüsselt die Einkommensgruppen nach vier Kategorien auf: niedrig, unterdurchschnittlich, überdurchschnittlich und hoch). Konsumenten mit einem Alter von über 44 Jahren sind wesentlich zurückhaltender beim Konsum von Bioprodukten, kinderlose Ehepaare und solche mit bis zu zwei Kindern bilden die Hauptklientel, während Unverheiratete wenige Wert auf Bio-Kost legen (Text: GTAI / Tabelle: Ismea).
Absatzentwicklung von verpackten Bio-Produkten 2010
Produktgruppe | Anteil | Veränderung 2010/2009
| Frisches und verarbeitetes Obst und Gemüse | 21,7% | +04,2%
| Milchprodukte | 18,6% | +13,2%
| Alkoholfreie Getränke | 09,4% | +12,8%
| Süßigkeiten | 08,7% | +13,5%
| Eier | 08,5% | +07,4%
| Babykost | 05,4% | +33,6%
| Teigwaren und Reis | 04,9% | +22,3%
| Zucker, Kaffee und Tee | 04,8% | +19,1%
| Speiseöl | 04,3% | +10,2%
| Honig | 03,1% | +08,0%
| Brot | 02,9% | +12,3%
| Tiefkühlkost | 02,1% | -01,6%
| Wurstwaren, Fleischwaren | 01,8% | +56,4%
| Würzstoffe | 01,5% | +10,3%
| Sonstige Bio-Produkte | 01,2% | +02,5%
| Diätprodukte | 00,6% | -08,4%
| Alkoholische Getränke | 00,5% | -15,7%
| Verpackte Bio-Produkte insgesamt | 100,0% | +11,6% |
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