Hannover. (15.09. / biv) Für die Lehrlingsausbildung setzt der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks (ZV) inzwischen auch auf computergestütztes Lernen. Ein neues, Internet-basiertes Lernverfahren stellte jetzt der Bäckerinnungs-Verband Niedersachsen/Bremen (BIV) bei seiner Berufsbildungstagung in Hannover vor.
«Der Erfolgstrainer» heißt der Lern- und Prüfungshelfer für Bäcker-Auszubildende. Er wird von der Akademie Deutsches Bäckerhandwerk (ADB) zusammen mit einem Fachverlag in Alfeld/Leine herausgegeben. Das Ausbildungskompendium besteht zum Einen aus einem umfangreichen Ordner voller Informationen zur Gesellenprüfung inklusive einer Aufgabenblatt-Sammlung zur Prüfungsvorbereitung sowie einer Software, mit der Bäcker-Azubis sich in einer Internet-Test-Datenbank interaktiv auf ihre Zwischen- und Gesellenprüfung vorbereiten können. Der Autor des Fachbuchs, Claus Schünemann, betonte, dass mit der Bereitstellung des «Erfolgstrainers» via Internet eine schnellere Aktualisierung der Themen und Fragen möglich sei. Neben einer Einzelplatzversion gibt es auch eine Mehrplatzanwendung speziell für Berufsschulen, die im schuleigenen Netzwerk an bis zu 30 Lehrlingsarbeitsplätzen zeitgleich genutzt werden kann.
Die jährliche Fachtagung «Ausbildung im Bäckerhandwerk in gemeinsamer Verantwortung von Betrieb und Berufsschule», die jetzt zum 15. Mal vom BIV veranstaltet wurde, dient dem Austausch der Lehrlingswarte der Innungen mit den Berufsschulfachlehrern für die Bäcker und Bäckerei-Fachverkäufer/innen. Neben der traditionellen Übersicht über die Gesellenprüfungen des Ausbildungsabschlussjahrgangs vom letzten Jahr diskutierten die rund 60 Teilnehmer der Fachtagung über das Neustädter Modell.
Neustädter Modell: Kein Hauptschüler mehr ohne Abschluss
In diesem Schulversuch in Neustadt am Rübenberge werden Neun- und Zehntklässler einer Kooperativen Gesamtschule (KGS) an zwei Wochentagen in der Berufsbildenden Schule (BBS) unterrichtet. Dadurch erhalten sie eine wesentlich intensivere berufliche Grundbildung als in einer allgemein bildenden Schule. Das Neustädter Modell wird zur Zeit in den Lernfeldern Farbe, Körperpflege, Metalltechnik und Nahrung angeboten, wobei sich letzteres auf das Bäckerhandwerk konzentriert. Mit ihrem Bericht zeigte BBS-Studiendirektorin Marina Poppe, dass in der Zeit des Schulversuchs kein Hauptschüler mehr die Schule ohne Abschluss verlassen habe. Die intensive Berufsvorbereitung führe außerdem dazu, dass die Schüler den Sinn zum Beispiel von Mathematikunterricht anhand des berufspraktischen Nutzens erkennen. Niedersachsen ermöglicht inzwischen die Umsetzung des Modells an weiteren Standorten. Berufschullehrer berichteten allerdings, dass offenbar die Lehrerversorgung für das Modell problematisch sei.
Unterschiedliche Auffassung besteht über die Anrechenbarkeit der beruflichen Grundfertigkeiten, die Schüler des Neustädter Modells erlernt haben. Während der Gesetzgeber den Ausbildungsbetrieben der Modellschul-Absolventen empfiehlt, das erste Ausbildungsjahr zu erlassen, befürwortet der für Ausbildungsfragen zuständige stellvertretende Landesinnungsmeister des BIV, Willi Wolke, eine individuelle Verkürzung der Lehrzeit je nach der weiteren Entwicklung der jungen Menschen.
Den Nutzen eigener Lehrlingsausbildung stellte Andrea Annecke, Ausbildungsleiterin der Stendaler Landbäckerei, heraus. Der sachsen-anhaltinische Betrieb mit Filialen im östlichen Niedersachsen bildet aktuell 72 Lehrlinge aus, die meisten im Beruf der Bäckerei-Fachverkäufer/in. Dies geschehe vorausschauend für den eigenen Bedarf: «Generell bieten wir eine Übernahme nach der Lehre an, denn sie kennen den Betrieb schon und müssen nicht erst eingearbeitet werden», berichtet Annecke. Mit Blick auf das Neustädter Schulmodell betont die Ausbildungsleiterin, dass die frühzeitige Heranführung an die Praxisanforderungen richtig sei: Für Bäckereien hänge viel vom behutsamen und frühzeitigen «Übergangsmanagement» vom Schüler- zum Berufsleben ab, wenn man nicht eine hohe Abbrecherquote riskieren wolle.
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